Das zweite Mal ist es mir jetzt passiert, dass eine Melone (diesmal eine spanische Piel de Sapo) nach fast gar nichts schmeckte. Offenbar zu früh geerntet und ohne Chance auf Nachreifen blieb sie blassgrün, auch im Geschmack.

Also machte ich einen Melonensalat, und einen zweiten gleich hinterher. Warum? Weil ich es nur mit allergrößter Mühe schaffe, Lebensmittel wegzuwerfen, außer sie sind verdorben. Und die Mühe wollte ich mir nicht machen, das grüne Ungeheuer erst verderben zu lassen, um es dann entsorgen zu dürfen.

Hier die Zutaten.

Melonensalat, die erste Variante:

eine halbe (weitgehend geschmacksneutrale) Melone
in Würfeln (1 x 1 cm) oder Kugeln
Frühlingszwiebeln in Ringen (auch das Grün)
getrocknete Cranberries
Pinienkerne
kleine rote scharfe Schoten in Ringlein
(oder getrocknete Peperoncini, mit Meersalz gemörsert)
sehr wenig Zucker
Salz
Limettensaft
Kürbiskernöl

Zweite Variante:

eine halbe (weitgehend geschmacksneutrale) Melone in Würfeln von 1 x 1 cm
eine kleine, in hauchdünne halbe Ringe geschnittene rote Zwiebel
viel marokkanische Minze in Streifen
Salz
wenig Zucker
viel frischgemahlener schwarzer Pfeffer
eine kleine geschälte, entkernte und gewürfelte Salatgurke
(ist aber eindeutig besser mit süßer, geschmacksintensiver oder mit Wassermelone
zu kombinieren, was die Gurke in dieser Versammlung rettet, sind:)
Würfelchen von bulgarischem Schafskäse
und schließlich wenig Weißweinessig
Olivenöl

Achtung: Obenstehende sind Leider-Ist-Beschreibungen. Die entprechenden Soll- oder Wunschrezepte würden niemals „weitgehend geschmacksneutrale“ Melonen vorsehen, sondern intensiv duftende, süße, aromatische, denen man ihre Reife schon am Stielansatz anmerkt, am liebsten Cantaloupe. Oder die vollreife, rotstrahlende Wassermelone. Dann allerdings wären auch die Zutatenlisten noch einmal abzuwandeln.

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Die grüne Woche geht weiter mit „Einfacher geht es kaum“.

Warum es Bohnen mit Hühnchen gab? Weil die liebe Nachbarin einen Sack herrlich frischer grüner Bohnen aus Ihrem Garten vorbeigebracht hat.

Keine weitere Vorrede. Gleich zum Rezept.

Besuchen Sie den Broilerbrater ihres Vertrauens und schwatzen Sie ihm ein Grillhähnchen ab. Wir brauchen nur das Brust- und Keulenfleisch, ausgelöst und kleingeschnitten. (Tja, wer nagt nun die knusprigen Flügelchen ab, wer schiebt sich verzückt die krosse Haut in den Mund? … Irgendjemand findet sich immer.)

Grüne Bohnen (irgendwas zwischen einem Pfund und einem Kilo), geputzt und ca. zehn Minuten in kochendem Salzwasser gegart, werden kalt abgeschreckt (am besten in gesalzenes Eiswasser legen) und kommen, gut abgetropft, in die Schüssel zum Hühnchen.

Gewürzt wird mit viel gemahlenem Kreuzkümmel, schwarzem, frisch gemahlenem Pfeffer und eventuell Salz. Dann Sahne drübergießen. Wie viel? Nach Gefühl! Es ist so, dass (zu meiner steten Verwunderung) Hühnchen und/oder Bohnen ziemlich viel davon aufsaugen. Dafür sollte man den Salat ein oder zwei Stunden ziehenlassen.

Statt Sahne geht auch Kokosmilch, sogar normale Milch ist eine Option. Das erste Mal gegessen habe ich diese perfekte Kombination von Aromen bei Frau Tüne (sei ewig bedankt für diese, wie so oft bei dir mit leichter Hand hingeworfene Erfindung). Da sie mit Sojamilch angemacht war und ich, wie inzwischen bekannt sein dürfte, nicht frei von dogmatischen Impulsen bin, habe ich jahrelang treudoof Sojamilch besorgt (und wusste nie, was ich mit dem Rest machen sollte), bis ich mich vom Vorbild emanziperte und verwendete, was ich grade da hatte, eben Sahne, Milch oder Kokosmilch. Das Ergebnis ist jeweils etwas anders, aber ohne Geschmackseinbuße.

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Die müssen allerdings noch besser werden!

Meine ersten Zucchinipuffer aß ich im westlichen Ligurien in einem Bergdörfchen. Sie waren außen knusprig und innen schmelzend zart. Als ich, wie so oft, in die Küche ging, um nach dem Geheimnis zu fragen, bekam ich die Antwort: Mineralwasser, in den Teig kommt Mineralwasser. Sie blieben ein Lieblingsgericht, und da die Mutter einer Freundin aus Apulien das wusste, bekam ich sie jedesmal, wenn ich bei ihr zum essen war. Egal, was sonst auf den Tisch kam, als Vorspeise machte Mamma P. Frittelle di zucchine. Gar köstliche!

Obwohl ich sie so gerne und oft gegessen habe, erinnere ich mich nicht, ob geriebene Zwiebel oder Knoblauch drin war. Ich hatte mich entschieden, sie ohne zu machen, fand aber im letzten Moment ein, wie mir schien vertrauenswürdiges, pugliesisches Rezept, das eine Knoblauchzehe vorsah, und schwenkte um. Was für ein Fehler! Höchstens könnte ich mir vorstellen, das Öl, in dem die Puffer gebraten werden, mit einer halbierten Knoblauchzehe zu parfümieren. Aber nie wieder kommt mir Knoblauch in die Fritelle. Zweiter Fehler: Milch. Wie komme ich nur dazu, mich (wieder von einem Rezept aus dem Netz) zu Milch hinreißen zu lassen? Das wird zu süß und unentschieden. Ich wusste doch, dass es Mineralwasser sein soll. Also: nie wieder eine andere Flüssigkeit als sprudelndes Mineralwasser in den Teig, mit so viel Sprudel wie möglich.

Die Rezeptausbeute bot weitere Alternativen: erstens Parmesankäse oder kein Parmesankäse; und zweitens einen Teig herstellen, in den die geraspelten Zucchini gerührt werden, oder das Raspelgut mit Mehl bestäuben und das Ei/die Eier unterrühren (damit fiele nicht nur die Milch, sondern auch das Mineralwasser weg).

Lange Vorrede. Heute gab es Zucchinipuffer. Warum? Weil es kühl genug war für etwas in Fett gebratenes.

Hier also mein Rezept, inklusive der projektierten Änderungen:

Ich entschied mich gegen das Bestäuben und für einen Teig: aus zwei Eiern, die ich mit drei Esslöffeln Mehl verquirlte, mit Salz und Pfeffer würzte, mit kleingeschnittener Petersilie (etwa einem Esslöffel), der wegzulassenden Knoblauchzehe, Muskat (darüber kann man diskutieren) und etwas durch Mineralwasser zu ersetzender Milch verrührte. Da das Mehl eine Weile quellen soll, gebe ich das nächste Mal zunächst nur ganz wenig Wasser dazu und erst am Ende einen guten Schuss Sprudelwasser. Und garantiert keinen Knoblauch. Parmesan habe ich weggelassen. (Im August werde ich Mamma P. fragen, was sie davon hält.)

Die Zucchini (vier mit einem Gewicht von vielleicht 800 g) habe ich mitsamt der Schale (!) grob geraspelt, gesalzen und stehen lassen, dann in ein Sieb gekippt zum Abtropfen und gut ausgedrückt (man kann dazu auch das leinene Säckchen nehmen, das in Bayern zum Ausdrücken der geriebenen Kartoffeln für die Knödel dient, oder ein Geschirrtuch oder eben die Hände).

Die trockenen Zucchiniraspel rührte ich in den Eierteig, und schon begann das Braten. In die (schwere) Pfanne kam Olivenöl und ins heiße Öl für jedes Pufferchen ein bis zwei Löffel von der Mischung aus Eierteig und geriebenen Zucchini. Ich habe die Fritelle sehr heiß gebraten. Dann geht es ziemlich schnell, da sie dünn sind.

Sie müssen unbedingt auf Küchenpapier ihr Fett lassen, ehe sie auf den Teller dürfen, und hoffentlich sind sie dann noch knusprig.

Sie waren ganz in Ordnung, meine ersten selbstgemachten Fritelle di zucchine seit vielen Jahren, aber, wie gesagt, sie müssen schon noch besser werden.

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Tausendmal gelesen, Pestorezepte, und: langweilig, denke ich immer wieder, wenn ich Pasta mit Pesto auf der Karte sehe. Und bin jedesmal überrascht, wie unvergleichlich gut Pesto schmecken kann.

Da das Basilikum auf der Fensterbank sehr ins Kraut geschossen ist, erbarme ich mich seiner und pflücke die großen Blätter ab, damit die nachwachsenden kleinen etwas mehr Entfaltungsmöglichkeiten bekommen. Am liebsten mag ich ja das kleinblättrige Basilikum, das wie allerliebste Bonsai-Bäumchen wächst und viel feiner duftet. Ich kenne es vor allem aus Frankreich. Manchmal wird es am Pflanzenstand angeboten, aber sehr frühreif, und so unterentwickelt, wie es in seiner Treibhauskinderstube nur aufwachsen kann, hält es dem Leben draußen nicht lange stand – selbst wenn ich es sofort umpflanze und mit aller Hingabe hege und hätschle und pflege. Also gibt es wieder mal nur das gröbere großblättrige, fragt mich nicht, welche Sorte genau es ist.

Vier große Hände voll Basilikumblätter harren schließlich ihrer Verwendung.

Lange Vorrede. Heute gibt es Pasta mit Pesto alla Genovese. Warum? Steht in der Vorrede.

Hier das Rezept:

Den Parmesankäse (60 bis 80 g in etwa hatte ich noch da, Pecorino leider keinen) reiben oder in etwas Moulinette-artigem schreddern. Das Basilikum zusammen mit vier oder fünf kleineren Knoblauchzehen kleinhäckseln, wenig salzen, zwei Esslöffel Pinienkerne dazugeben und untermixen. (Die Mühe, das ganze im Mörser zu bewerkstelligen, mache ich mir schon lange nicht mehr.) Jetzt kommt der geriebene Käse dazu und Olivenöl, und alle Bestandteile werden durchgerührt.

Grüne Bohnen putzen, am liebsten lange, sehr dünne „Schnürsenkelbohnen“,  eine große oder zwei kleine Kartoffeln schälen und in Würfel von 1 bis 2 cm Kantenlänge schneiden.

Viel kochendes Wasser üppig salzen, dann erst eine Handvoll grüne Bohnen und, wenn das Wasser wieder kocht, eine halbe Packung Linguine, dann, nach weiteren zwei Minuten, die Kartoffelwürfel ins Wasser werfen. De-Cecco-Linguine brauchen laut Packungsangabe 11 Minuten. Ich probierte nach zehn Minuten, da hatten sie noch einen weißen Kern. Elf Minuten sind schon genau richtig.

Alles abgießen und in einer warmen Schüssel mit dem Pesto (unter den ich das erste Mal ein paar Löffel vom Nudelkochwasser gerührt habe, das machte ihn geschmeidiger) vermischen. So geht es eigentlich; bei uns hat jedeR im eigenen Teller gerührt. Wer mag, kann das Ganze noch mit Käse bestreuen oder mit Öl beträufeln.

Drei Anmerkungen:

– Im Originalrezept gehören zwei Drittel Parmesan, ein Drittel sardischer Pecorino in den Pesto. Das schmeckt schon noch einmal anders: schärfer, herber, tiefer.

– Das Öl sollte natürlich – wie das ganze Gericht – aus Ligurien stammen, solches hatte ich aber nicht da. Unser apulisches (aus Cima di Bitonto-Oliven) ist eindeutig zu stark dafür, also nahm ich toskanisches, das sich ausreichend einfügte.

– Mit dem Knoblauch ist es eine schwierige Sache. Normalerweise bekommt man riesige Knollen, meist aus China, Frankreich oder Argentinien, die eins gemeinsam haben, dass sie einen penetrant muffigen Unterton haben. Der Knoblauch, den mein Vater in geringen Mengen neben seinem Bienenhaus anbaute, roch (und schmeckte) pur und frisch. Seitdem bin ich auf der Suche nach gutem Knoblauch. Glück ist, wenn auf einem der Markstände ein Brandenburger Bauer doch wieder einmal versucht hat, eigenen Knoblauch zu ziehen. Die meisten geben es schnell wieder auf, weil die Knollen ziemlich mickrig bleiben und selbst von Bio-Fans links liegen gelassen werden. Meine  inständige Bitte an Brandenburgs Landwirte: Lasst euch nicht entmutigen, baut Knoblauch an!

pasta e contorni

Pesto alla Genovese

pasta e pesto

Gurkensuppe: das erste und einzige niederländische Rezept, das ich je ausprobiert und dann auch noch beibehalten habe. Danke, Andrea.

Feingewürfelte Schalotten (normale Speisezwiebel geht auch, ist hier vielleicht sogar vorzuziehen) ausgiebig in neutralem Öl anschwitzen. Geschälte, entkernte und in Stücke geschnittene Gartengurken dazu und dünsten. Viel Dill unterrühren (getrockneter ist kräftiger im Aroma und da er das Kochen perfekt übersteht, hat er Zeit, sich mit seinen Nachbarn zu verbinden), Hühnerbrühe angießen und eine ganze Weile simmern lassen. Pürieren und mit Worcestersauce abschmecken. (Ich nehme die in meinem Umfeld streng verpönte „Exzellent, Dresdner Art“.)

Auf dem Teller kann die Suppe noch ein Hütchen aus Crème Fraîche oder einem Klecks halbsteifer Sahne bekommen. (Vorsicht: im Übermaß – oder untergerührt – verflachen sie den feinen Geschmack zu sehr.) Ein wenig frischer Dill obenauf macht sich auch nicht schlecht.

Wie nicht anders zu erwarten, steht und fällt das Gericht mit der Qualität der Gurken und der Hühnerbrühe.

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Sommergemüse: Lecsó

24. Juli 2010

Zwei Vorhaben ließen mich – noch zu sozialistischen Zeiten – nach Ungarn reisen. Das erste war, unter Anleitung von Árpáds Mutter, die den Sommer über in einem Dörfchen nördlich des Balatons residierte, zu lernen, wie man Almapaprika einlegt. Das zweite war, in einem (bzw. jeden Tag in einem anderen) Budapester Táncház/Tanzhaus Csárdás zu lernen, diesen eigenartigen Tanz mit dem Hinkeschritt.

Auf dieser Reise, die mich von Sopron an der österreichischen Grenze bis ins abgelegenste Nyírség am östlichen Rand führte, von Pécs im Süden bis ins Bükk-Gebirge im Norden, ins weinselige Eger und ins von der Industrie graue Miskolc, von den Graurindern der großen Tiefebene zu den Lippizanern auf den Hügeln um das Szalajka-Tal, vom Debrecen der gleichnamigen Würste bis Hollókő mit seinen Blaudruck-Schürzen – auf dieser ausgedehnten Reise lernte ich die ungarische Küche, hausgemacht und in Restaurantversionen, ziemlich gut kennen – und lieben.

Nach einem ganzen Tag Arbeit, beginnend mit dem Besorgen von Unmengen Apfelpaprika und der übrigen Zutaten, dem Spülen der Fünfliter-Einmachgläser, dem Bürsten und Einschichten der Paprikaschätzchen, dem Verdünnen und Aufkochen von 10-prozentigem Essig mit Meerrettichwurzel und ungarischem Safran/Sáfrányos Szeklice (nein, es ist kein Safran und schmeckt auch nicht so; ja, es sind Staubfäden Blütenblättchen, rote; von welcher Blüte? keine Ahnung) – nach einem von Erfolg gekrönten Arbeitstag in der brüllend heißen Sommerküche also, bat uns Árpáds Mutter auf die Terrasse zum Abendessen. Sie servierte eine riesige Platte mit Lecsó: diesem Letscho, dessen Rezept gleich folgt. Ich werde es nie vergessen, genauso wenig wie den unvergleichlichen Geschmack der Almapaprika aus sommerglücklicher Gemeinschaftsproduktion.

Lange Vorrede. Gestern gab es Lecsó. Warum? Weil es heiß war, und weil die ungarischen hellgelbgrünen Paprika so ein unwiderstehliches Aroma hatten.

Hier also das Rezept:

In die Pfanne kommt Schmalz, wie so häufig in Ungarn Schweineschmalz (sertés zsír), bei mir in Ermangelung eines guten Schweineschmalzes auch schon mal Gänseschmalz (tiefgefroren von der Weihnachtsgans) oder in Würfelchen geschnittener roher weißer Speck. Egal, was es ist, es soll schmelzen.

Dahinein fällt eine halbe von diesen Riesengemüsezwiebeln oder zwei mittlere normale: nicht in Ringe, auch nicht in halbe Ringe, sondern in auseinanderfallende Spalten geschnitten (das was die Italiener „a velo“ nennen). Wenn die ziemlich weich geworden sind, kommen dazu die hellgrünen (in Ungarn nennt man sie weiße) Paprikaschoten, ein Pfund sollte recht sein, mindestens: halbiert, geputzt und quer in einzentimeterbreite Streifen geschnitten. Sie behalten ihre Schale. Wer Schale von „weißer“ Paprika nicht verträgt, hat Pech gehabt. Sie fangen sofort zu duften an, brauchen aber trotzdem ein bisschen Zeit (immer wieder wundere ich mich, wie lange es dauert), bis sie nicht mehr roh sind, aber noch Biss haben. (Es geht schneller, wenn man zwischendurch den Deckel auflegt, besser werden sie unbedeckt.)

Nun salzen, Pfeffer drübermahlen (bei mir immer schwarzen) und drei bis vier bis fünf verschlagene Eier in die Pfanne kippen. Rühren, rühren, rühren, die Hitze ist dabei mild, und die Eier sollen nur anziehen. Wenn sie ein bisschen krüsselig werden, macht das nichts. Sie dürfen nur nicht zu fest sein.

Manchmal kommen ein oder zwei Tomaten in Stücken dazu (gegen Ende der Paprikabratzeit), manchmal wird Paprikapulver darübergestreut. Ich mag am liebsten die pure Version, ohne roten Schnickschnack. Vor allem Petersilie hat nichts auf einem Lecsóteller zu suchen, so hübsch das Grün auch aussehen mag.

Das Ergebnis hat nichts mit Frittata oder Tortilla oder Omelette zu tun, schon eher mit der baskischen Pipérade. Die Eier schmiegen sich zwischen die Zwiebel- und Paprikastreifen und machen das vom Gemüse frische Gericht samtweich. Die scharfe Pfeffernote dazu, perfekt. Lecsó.

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Liebe ich: Pörkölt; seit ich es kennengelernt habe. Obwohl – ursprünglich habe ich etwas donauschwäbisches kennengelernt, das sich nicht zwischen Pörkölt (Gulasch) und Gulyás (Gulaschsuppe) entscheiden konnte. Frau H., die bei uns im Haus wohnte, brachte es meiner Mutter bei, und obwohl ich als Kind fettes Fleisch ungenießbar fand, liebte ich dieses Gericht. Es hieß bei uns das Gulasch der Frau H.

Die Grundbestandteile waren viele, viele Zwiebeln, viel, viel schreiend rotes Paprikapulver, kleine Würfelchen Schweinebauch mit seinen Fettanteilen und obendrauf gelbe Kartoffeln, ebenfalls in Würfelchen. Die schwammen in einer herrlich roten Fettschicht und bedeckten das Ganze. Die Tücke dieser Deckschicht: Blasen am Gaumen. Man konnte nicht sehen, wie heiß es war,  wie bei der Hühnersuppe, auf der gelbes Hühnerfett schwamm und keinen Dampf aufsteigen ließ.

Irgendwann lernte ich dann Pörkölt aus unterschiedlichen Tieren, Gulyás, Csirke Paprikás und andere Köstlichkeiten der ungarischen Küche im Original kennen, bekam aber nie die Gelegenheit, beim Zubereiten zuzusehen. Also holte ich mein Wissen aus Gesprächen und Kochbüchern und versuchte, es mit dem erinnerten Geschmack abzugleichen.

Lange Vorrede. Letzte Woche gab es Gulasch. Warum bei dieser Affenhitze? Ganz einfach: Weil mir das perfekte Stück Rindfleisch untergekommen ist. Der Mann hinter der Fleischtheke sprach von Schulter und Bug, was mir Vertrauen einflößte. Die Teile weit oben, um den Hals des Tieres, haben es mir angetan. Mir fiel das Wort Schulterscherzl ein, und auch das verhieß Gutes.

Es war ziemlich dunkel, durchgehend, schien gut abgehangen und hatte diese kostbare feine weiße Schicht in der Mitte, die aussieht wie Sehne, aber keine ist, sondern ins Fleisch hineinschmelzender Glibber. Nur nicht glibberig. Bäckchen haben etwas ähnliches in ihrer Konsistenz.

Das Resultat war ziemlich perfekt Pörkölt, die Herstellung nicht so ganz: Was ich aus ungarischer Tradition zum Beispiel nicht kenne, ist der Rotwein dabei, den ich aber auch sehr sparsam eingesetzt habe. Und Majoran zum Rind, der gehört eher dem Schwein. Und Gänseschmalz statt Schweineschmalz, das hatte ich aber nicht zu Hause. Und Tomate statt Tomatenmark, wenn überhaupt.

Hier also das Rezept:

Reichlich Gänseschmalz schmelzen und ein halbes Fleischgewicht Zwiebeln darin anschwitzen. (Ich nahm halb weiße, halb rote Zwiebeln: schon wieder so ein undogmatischer Akt.)  Zwei bis drei gehäufte Eßlöffel (mitgebrachten; ein kostbares Geschenk) ungarischen Paprika unterrühren (nicht zu heiß werden lassen!): süßen/édes und scharfen/csípös. (Was delikatess/csemege genau ist, hab ich noch nicht herausgefunden: die goldenen Mitte?)  Paprikamark in Form von goldenem Fasan aus der Tube (Piros Arany, so die einschlägige magyarische Marke, auch hier existieren die verschiedenen Schärfegrade) mit anschwitzen. Einen Esslöffel gemahlenen Kümmel dazu, etwas Majoran und zwei mit Salz zerquetschte Knoblauchzehen.

Das herrliche Stück vom Rind, ein Kilo etwa, in Stücke schneiden (ich mag sie kleiner als die beim Fleischer verkauften Brocken) und extra anbraten. Dann zu den Paprika-Zwiebeln in den Topf geben. Den Bratensatz habe ich mit einem Glas Rotwein abgelöscht (ein Bordeaux, dem seine vielen Jahre nicht so gut getan hatten, dass wir ihn noch trinken mochten, der aber in Saucen zu umwerfenden Ergebnissen führte).

Eine halbierte Tomate und ein Lorbeerblatt hab ich noch dazugeworfen. Und Salz. Das war’s. Nun darf alles schmoren. Ich kann mich nicht erinnern, wie lange es immer kurz vor dem Kochen im Topf vor sich hin köchelte. Eineinhalb bis zwei Stunden, vermute ich. Zwiebeln und Tomate sind zergangen (Die Tomatenpelle lässt sich gut in zwei Stücken herausfischen, das Lorbeerblatt auch.) Gegen Ende kommt noch einmal getrockneter Majoran dazu, der noch eine Weile mitschmurgeln darf, und am Ende schwarzer Pfeffer.

Das Fleisch war mürbe, kein bisschen trocken oder faserig, und das Ganze ein erhabener Genuss. Es bestand sogar vor der Paprikaschenkerin, die es am nächsten Tag bei einem Überraschungsbesuch, allerdings nur kalt, probieren durfte.

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Dogmakochen, das.

Beliebter Zeitvertreib. Tendez zunehmend. Oberstes Gebot dabei: Es kommt weder Ungesundes noch moralisch Verwerfliches in den Topf, in die Auflaufform, auf den Herd, in den Backofen, unter den Grill (wobei, ich bin mir nicht sicher, ob der Grill überhaupt eine Option für Dogmakochende ist), also in die Pfanne, in den Vorratsschrank, unter die Käseglocke, in die Tupperwaredose (obwohl, auch da bin ich mir nicht sicher; ist die Tupperwaredose politisch korrekt im Sinne des Dogmakochens?), ins Butterbrotpapier und schließlich und vor allem: auf den Teller.

Ein verheißungsvolles (nicht-nur-)Kochblog hat eröffnet, azestoru sein Name. Und das erste, was Herr A. beteuert, ist, dass er sich des Dogmakochens enthält. Er würde also nicht lieber verhungern, ehe er seinen Prinzipien untreu wird. Soll man ihm das glauben? Ich glaube ihm. Eine Überprüfung ist ja jetzt jederzeit möglich.

Eine persönliche Notiz: Ich würde ja (fast) alles tun, um nicht etwas essen zu müssen, das mir nicht schmeckt – und je mehr Hunger ich habe, umso unerbittlicher dieser Grundsatz. Ist das schon Dogma-Essen?

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Clusterspucken, das; auch: Cluster-Spucken.

Heute morgen aufgeschnappt. Keine Ahnung, was das sein könnte. Auf jeden Fall hörte ich den ausreichend elaborierten und keinesfalls umgangssprachlichen Satz: „Da fand ein Clusterspucken statt.“

Kann man daran teilnehmen, oder muss man sich davor in Sicherheit bringen? Ist es ein Wettbewerb, ein Zeitvertreib, eine Angriffstechnik? Spannend oder eher unappetitlich? Spucken einem da Cluster in die Suppe?

Jemand eine Idee?

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Rotlichtverstoß, der. Möglicherweise oder auch nicht identisch mit Rotlichtvergehen, das.

Ein sonntäglicher Sondereinsatz der Potsdamer Polizei heute, bei erwarteten 38 Grad, richtet sich auf: zu übersichtliche Fahrräder, Kopfhörer auf beiden Ohren, entgegenkommendes bzw. Geisterfahren und den ubiquitären Rotlichtverstoß.

Geahndet wird der einfache Rotlichtverstoß (eine Sekunde rot) mit 45 Euro, der doppelte (über eine Sekunde rot) mit 90 Euro.

Wie aus vertraulicher Quelle bekannt wurde, lautet das im Rahmen der großangelegten Radfahrerkontrolle ausgegebene Motto: „Wer bei Rot fährt, muss blechen!“

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