Löffelreise, die sechste: Topfschlagen
31. Oktober 2011
Arthurs Tochter sitzt selbst zuweilen im Topf. Ich weiß. Dennoch ist der Gedanke einfach zu verführerisch.
„Warum das Kind in der Polenta kocht“, heißt ein Roman von Aglaja Veteranyi, mit dem sie 1999 am Klagenfurter Wettlesen teilnahm. Dieser kleine Mensch kocht nicht in der Polenta, sondern sonnt sich in aller Liebe dieser Welt. Irgendwann wird er nicht mehr nur sich selbst umrühren, sondern tausend leckere Sachen in allen möglichen kleinen und großen Töpfen.
Bis dahin möge er wachsen und gedeihen, sich an Muttermilch und Brotkanten laben und glücklich sein.
Arthurs Tochters Löffels Reise begann da.
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Aïoli und Rouille
31. Oktober 2011
Schon wieder ist ein einunddreißigster und der Knoblauchmonat beim Gärtnerblog gleich zu Ende. Deshalb schnell noch meine Knoblauchrezepte: Aïoli – und mit ein paar Handgriffen mehr – eine Rouille zu geröstetem Brot und Fischsuppe.
Aïoli, die Zutaten:
1 Esslöffel feine Semmelbrösel (selbst gerieben oder vom Bäcker)
1 Esslöffel Rotweinessig (oder Zitrone)
1 Esslöffel Wasser
1 Eigelb
3 bis 4 mittlere Knoblauchzehen
1 Glas (o,2 l) Sonnenblumenöl (oder anderes neutrales Öl)
2 Essslöffel Olivenöl
Salz
schwarzer Pfeffer
Die Brösel in Essig und Wasser einweichen und mit einem Eigelb verschlagen. Die Knoblauchzehen häuten, vom Keim befreien, durch die Presse drücken und unterrühren. Dann mit Öl, erst in kleinen Mengen, dann zügiger zugegeben, aufschlagen. Am Ende großzügig salzen, Pfeffer dazumahlen und etwas Olivenöl unterrühren.
(Mit ausschließlich Olivenöl schmeckt es mir nicht, da viel zu intensiv und bitter.)
Für die Rouille braucht man zusätzlich:
ein paar Safranfäden
Piment d’Espelette
Den Safran mörsern, in einem Fingerhut lauwarmen Wassers einweichen und zusammen mit (hier grob geschrotetem) Piment d’Espelette unterrühren. Dafür den Pfeffer weglassen.
Lieber mag ich Rouille, wenn sie mit gekochter Kartoffel zubereitet ist. Dafür statt der Brösel eine gekochte Kartoffel durch die Presse drücken und als Basis nehmen. Ursprünglich gehörte kein Eigelb in die Rouille. Dafür wird sie mit etwas Fischsud verrührt.
Aber auch so ist sie köstlich, der Safran macht sie wunderbar rund. Gleich ist sie alle. Nur schade, dass ich keine Fischsuppe habe.
Hilfe! Die ganze Küche riecht nach Knoblauch.
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Löffelreise, die vierte: der Löffel unter der Guillotine
31. Oktober 2011
Der Löffel ist unters Messer geraten. – Ja, hört das denn niemals auf, dieses Fallbeilschwingen? Offenbar nein. Nicht in Frankreich, dem Land der Guillotine. Tradition ist schließlich Tradition!
Auch im F.I.E.F., dem Foyer International d’Études Françaises, steht eine Guillotine – zum Baguettehacken. Und unter deren Messer fand sich der Löffel wieder.
Das Foyer, in dem solch martialische Tischsitten herrschen, hat seinen Sitz im ehemaligen Pfarrhof von Châteauneuf-de-Mazenc und ist – gegründet 1956 von Ernest Jouhy/ursprünglich Ernst Jablonski, einem deutschen Exilanten und Widerstandskämpfer – eine internationale Begegnungsstätte. Die Guillotine spielt hier, außer bei Tisch, keine Rolle. Was dagegen an Traditionen hochgehalten wird, sind neben gutem Essen und französischem Savoir vivre vor allem die Traditionen der Résistance. Nicht nur der militärische Widerstand interessiert, sondern endlich auch der zivile. Historiker wie Bernard Delpal im Verein Patrimoine Mémoire et Histoire du Pays de Dieulefit kümmern sich um „die andere Résistance“.
Nicht weit von hier, im unzugänglichen Vercors, einem Zentrum des bewaffneten Widerstands, fanden im Juli 1944, nach der Ausrufung der Freien Republik des Vercors, Massaker an Résistants und Zivilbevölkerung statt. Die deutschen Besatzer ermordeten wahllos Maquisards und Landbevölkerung und zerstörten Höfe und Dörfer auf der Hochebene. Museen und Gedenkstätten erinnern daran, die Ruinen von Valchevrière ebenso wie das pathetische nationale Denkmal der Résistance in Vassieux.
Ganz in der Nähe fand aber auch das „Wunder von Dieulefit“ statt, ein „Wunder des Stillschweigens und der Solidarität“. Es verdankte sich nicht nur der Gemeindesekretärin Jeanne Barnier, einer virtuosen Passfälscherin, und den drei Leiterinnen der reformpädagogischen Internatsschule von Beauvallon, sondern all den Bewohnern von Stadt und Ländchen Dieulefit, die ohne Ausnahme die unzähligen Flüchtlinge schützten. Nicht einer wurde denunziert. Es hat lange gedauert, bis auch die „stillen Helden“ ins Blickfeld der Historiker kamen.
Arthurs Tochters Löffel hat viel gelernt in der Drôme. Seine Reise begann hier, und er findet sich „verrückt“. Und hier kommt das Foto, mit dem er sich bewirbt.
Eigentlich wollte der Löffel noch nach Paris, um sich mit der Entenpresse von Dehillerin anzulegen. Doch die Erfahrung mit der Guillotine hat ihn einigermaßen gefügig gemacht, und er reiste brav über Lyon und Basel zurück nach Berlin. Als er dann in seiner Schublade, immerhin neben einem kleinen Dehillerin-Messer, zur Ruhe kam, hatte er schon alles vergessen: die Entenpresse, das Gläschen Crémant de Die, die Smaragdeidechse, die Entrappungsmaschine, Weinkorken und Flaschenlager, die Kernkraftwerke entlang der Rhone und seine kleine Ohnmacht in der Trüffelschublade.
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Löffelreise, die erste: beim Zahnarzt
31. Oktober 2011
Arthurs Tochters Löffel geht zum Zahnarzt. Genauer: zu Andrea-Maria Sistori, die nicht nur eine hervorragende Zahnärztin ist, sondern neben vielem anderen auch mit reichlich Humor gesegnet. Er durfte beim Operationsbesteck liegen, mit Mundwassern flirten, mit diversen Zahnbürsten in Konkurrenz treten und zwischen Kiefern posieren.
Der Löffel beißt sich durch. Denkt er. Offenbar hat er da etwas falsch verstanden. Hoffentlich überlebt er es.
Zwar haben Zähne durchaus mit Essen zu tun, dennoch ist die Kategorie, in der der Löffel hier antritt, die der unerwarteten Begegnungen, also „verrückt“.
Arthurs Tochters Löffels Reise begann hier und endet da noch lange nicht.
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Treberbrot, die zweite
16. Oktober 2011
Mein erster Beitrag zum World bread day, für den Zorra vom Kochtopfblog so überzeugend wirbt, ist ein Treberbrot.
Ein bisschen dreist von einer Dilettantin zu meinen, um gutes Brot zu backen, reiche es aus, der Großmutter dabei zugeschaut zu haben; und die Überzeugung, mit Talent fürs Brotbacken ausgestattet zu sein, macht das Ganze nicht besser. Trotzdem biete ich mein Rezept an.
Da wieder einmal Treber vom Brewbaker in der Moabiter Markthalle auf mich kam, machte ich den zweiten Versuch in Sachen Treberbrot, diesmal mit dem Treber vom Indian Pale Ale. (Leider habe ich bisher keinen richtig dunklen Treber bekommen wie den vom Imperial Stout oder vom Brown Ale, das zur Zeit ausgeschenkt wird. Aber was noch nicht ist, wird dann doch gut.)
Zwei Treberbrote habe ich zur Feier des Tages gebacken, ein Weizensauerteigbrot (auf dem Foto ist eine Ecke davon zu sehen) und ein Roggenmischbrot mit einem in fünf (statt sechs) Tagen nach dees Vorbild hochgepäppelten Roggensauerteig (um das soll es hier gehen).
Perfekt sind sie beide nicht geworden. Da es das erste Mal so gut ging, habe ich einfach nach Gutdünken agiert, mich nicht um Hydratation und Gehzeiten gekümmert, sondern vor mich hingewurschtelt, wie es mir halt gerade richtig schien. Das Weizenbrot ist etwas spröde geworden, und beide schmecken mir ein bisschen zu „gesund“, halt ein bisschen wie Biobrot in seinen Anfängen.
Treberbrot mit Treber vom Indian Pale Ale
Es beginnt mit:
200 g Roggenmehl 1150
35 g Roggensauerteig
100 g Wasser
1 Tl Salz.
30 Minuten kneten und über Nacht in Ruhe lassen.
Nach ca. 10 Stunden geht es weiter mit:
150 g Treber
100 g Weizenmehl 550
90 g Wasser
5 g Hefe
und dem in Stücke gerissenen Roggenteig,
der erstaunlicherweise (für mich) sehr fest geworden ist.
Noch einmal gut kneten, bemehlen und abgedeckt in einer mit einem Tuch ausgelegten Schüssel 1 Stunde gehen lassen. Dann falten (von allen vier Seiten) und noch einmal 1 Stunde gehen lassen.
Den Ofen rechtzeitig, also mindestens eine halbe Stunde vorher, auf 250 Grad Celsius vorheizen, mitsamt dem Backblech. Den Teig auf das heiße Backblech bugsieren und hoffen, dass die Form nicht allzusehr darunter leidet. Ein Glas Wasser in den Backofen schütten, ein Töpfchen mit heißem Wasser dazustellen und 15 Minuten bei 250 Grad backen.
Temperatur auf 200 Grad zurückstellen, Ofentür öffnen, den Dampf entweichen lassen, das Wassertöpfchen herausnehmen und 30 Minuten weiterbacken. Damit die Kruste glänzt, das Brot mit einem triefnassen Tuch abwischen und weitere 5 Minuten backen.
Dass es so flach geworden ist, stört mich übrigens überhaupt nicht. Ich mag flache Roggenbrote schon seit meiner Kindheit.
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