Treberbrot, die zweite

16. Oktober 2011

Mein erster Beitrag zum World bread day, für den Zorra vom Kochtopfblog so überzeugend wirbt, ist ein Treberbrot.

Ein bisschen dreist von einer Dilettantin zu meinen, um gutes Brot zu backen, reiche es aus, der Großmutter dabei zugeschaut zu haben; und die Überzeugung, mit Talent fürs Brotbacken ausgestattet zu sein, macht das Ganze nicht besser. Trotzdem biete ich mein Rezept an.

Da wieder einmal Treber vom Brewbaker in der Moabiter Markthalle auf mich kam, machte ich den zweiten Versuch in Sachen Treberbrot, diesmal mit dem Treber vom Indian Pale Ale. (Leider habe ich bisher keinen richtig dunklen Treber bekommen wie den vom Imperial Stout oder vom Brown Ale, das zur Zeit ausgeschenkt wird. Aber was noch nicht ist, wird dann doch gut.)

Zwei Treberbrote habe ich zur Feier des Tages gebacken, ein Weizensauerteigbrot (auf dem Foto ist eine Ecke davon zu sehen) und ein Roggenmischbrot mit einem in fünf (statt sechs) Tagen nach dees Vorbild hochgepäppelten Roggensauerteig (um das soll es hier gehen).

Perfekt sind sie beide nicht geworden. Da es das erste Mal so gut ging, habe ich einfach nach Gutdünken agiert, mich nicht um Hydratation und Gehzeiten gekümmert, sondern vor mich hingewurschtelt, wie es mir halt gerade richtig schien. Das Weizenbrot ist etwas spröde geworden, und beide schmecken mir ein bisschen zu „gesund“, halt ein bisschen wie Biobrot in seinen Anfängen.


Treberbrot mit Treber vom Indian Pale Ale

Es beginnt mit:

200 g Roggenmehl 1150
35 g Roggensauerteig
100 g Wasser
1 Tl Salz.

30 Minuten kneten und über Nacht in Ruhe lassen.
Nach ca. 10 Stunden geht es weiter mit:

150 g Treber
100 g Weizenmehl 550
90 g Wasser
5 g Hefe
und dem in Stücke gerissenen Roggenteig,
der erstaunlicherweise (für mich) sehr fest geworden ist.

Noch einmal gut kneten, bemehlen und abgedeckt in einer mit einem Tuch ausgelegten Schüssel 1 Stunde gehen lassen. Dann falten (von allen vier Seiten) und noch einmal 1 Stunde gehen lassen.

Den Ofen rechtzeitig, also mindestens eine halbe Stunde vorher, auf 250 Grad Celsius vorheizen, mitsamt dem Backblech. Den Teig auf das heiße Backblech bugsieren und hoffen, dass die Form nicht allzusehr darunter leidet. Ein Glas Wasser in den Backofen schütten, ein Töpfchen mit heißem Wasser dazustellen und 15 Minuten  bei 250 Grad backen.

Temperatur auf 200 Grad zurückstellen, Ofentür öffnen, den Dampf entweichen lassen, das Wassertöpfchen herausnehmen und 30 Minuten weiterbacken. Damit die Kruste glänzt, das Brot mit einem triefnassen Tuch abwischen und weitere 5 Minuten backen.

Dass es so flach geworden ist, stört mich übrigens überhaupt nicht. Ich mag flache Roggenbrote schon seit meiner Kindheit.

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Und wieder ein Klassiker, schmucklos, no-nonsense, am besten nicht neu-interpretiert. Hier gibt es eine Änderung zum Original: Ich verwende auch das Eiklar, als Schnee untergehoben. Jedes Mal sage ich mir, ich sollte es besser lassen, und jedes Mal mache ich es wieder. Tut es nicht! Dann wird das Ergebnis auf jeden Fall hübscher. Und krosser.

Gefüllte Pfirsiche

3 Pfirsiche, gelbfleischig
50 g zerkrümelte Amaretti
25 g Butter
10 g Zucker
1 Eigelb (besser kein Eiweiß)
2 cl Weißwein (Riesling)

Die Pfirsiche werden halbiert, ein wenig ausgehöhlt und in eine gebutterte Schale gelegt. (Ich hatte nur noch einen gelben Pfirsich, die weißen, die ich roh jedem gelben vorziehe, landen gebacken auf einem hinteren Rang.)

Für die Füllung Butter mit Zucker aufschlagen. Amarettibrösel und Eigelb unterrühren. Stopp. Das war’s.

Keinen Eischnee und am besten auch kein Fruchtfleisch unterrühren, wie es oft empfohlen wird! Das nämlich ist der zweite Fehler, den ich, unverbesserlich, immer wieder mache: auch das gehackte Fruchtfleisch zu verwenden. Und eben das liebevoll mit einer Prise Salz, einem Spritzer Zitrone und etwas Zucker steif geschlagene Eiweiß.

So also nicht:

Die Pfirsiche füllen, ein Schnapsglas voll Riesling angießen und in den Ofen schieben. 25 Minuten bei 180 °C  backen.

An den monatlichen Events des Gärtnerblogs nehme ich mit Hingabe teil, und weil ich finde, dieser Klassiker gehört einfach dazu, schicke ich das Rezept auf Reise, unter dem Motto: Aus Fehlern lernen.

Garten-Koch-Event Juli 2011: Pfirsich [31.07.2011]

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Treberbrot, die erste

30. Juli 2011

Ich habe mich drangewagt. Nun ist es da.

Für das Treberbrot, das man in Potsdam am Tresen des Templiner Brauhauses erwerben kann, nur da und nirgendwo anders, würde ich so allerhand tun. Seit die Brewbaker in die Moabiter Markthalle eingezogen sind und da ihr Bier brauen, sehr gutes Bier übrigens, versuche ich Bäcker zu motivieren, ein Treberbrot in ihr Repertoire aufzunehmen. Nur dass es bisher ohne Erfolg blieb.

Saß ich nun kürzlich mit Freundinnen und Kegel vor karierten Tischdecken bei einem hervorragenden Imperial Stout, als ein Brauer begann, Treber aus dem Kessel und in blaue Fässer zu räumen, der, besagter Treber, mangels interessierter Bäcker beim Bauern landen sollte, um da Schweine rund zu machen und in Kühen Milch wachsen zu lassen.

Man kam so ins Gespräch, der Brewbaker hatte sich selbst schon als Treberbrotbäcker betätigt (Brewbaker eben) und verriet gleich noch, dass er ein Drittel der Mehle durch Treber ersetzt; ich bedauerte, kein Gefäß dabei zu haben und eigentlich auch nicht die Zeit für große Brotbackaktionen – am Ende ging ich mit einem kleinen Beutelchen noch warmen Trebers nach Hause. Es musste also sein.

Und los geht’s: Pouliche angesetzt aus

60 g Weizenmehl 550,
60 g Wasser,
zwei Prisen Zucker und
ein bis zwei g frischer Hefe (so genau kann ich nicht wiegen).

In den nächsten Laden getrabt und Sauerteig (Seitenbacher) gekauft und eine Mischung hergestellt aus

70 g Roggenmehl 1150,
70 g Wasser und
10 g flüssigem Sauerteig

und beides bei Küchentemperatur stehen lassen (recht warm ist es zur Zeit ja nicht).

Einen Tag später, genauer, nach 20 Stunden, habe ich die beiden Vorteige zusammengeführt und zum Teig ergänzt, also:

120 g Poolish
150 g Sauerteig
60 g Roggenmehl 1150
70 g Dinkelmehl 630
100 g Weizenmehl 550
2 gestrichene Tl Salz
ca. 5 g Hefe vom Würfel
90 g Wasser (ist mir reingerutscht, ich wollte nur 70 g)
später: 180 g Treber

Wie ich auf diese krummen Zahlen komme, kann ich nicht genau sagen: Auf jeden Fall wollte ich einen Mehlanteil von insgesamt 360 g, da ich 180 g Treber hatte.

Jetzt kommt rühren: 5 Minuten mit Knethaken. Dann kommt weiterrühren, um den Treber (zimmerwarm, also rechtzeitig aus dem Kühlschrank nehmen) einzuarbeiten, und dann kommt kneten, mindestens! 5 Minuten. Bei der Gelegenheit erschien mir der Teig dann doch deutlich zu feucht. Deshalb habe ich nochmal Weizenmehl dazugeschaufelt. Wieviel? Hm. 60 g? 80 g?  (Das Drama kennen meine geneigten Leser ja schon vom Topfbrot.)



Der Teig klebte inzwischen kaum noch und durfte eine erste Runde gehen, eineinhalb Stunden mit einem Tuch über dem Kopf. Folgte einmal Stretch and Fold und eine zweite Runde Gehen, diesmal eine halbe Stunde. Noch einmal Stretch and Fold und weitere 20 Minuten Ruhe.

Der Ofen ist inzwischen auf 250 Grad aufgeheizt (das braucht fast eine halbe Stunde), mitsamt einem Pizzablech, auf das ich nun den Teigling gleiten lasse. Ich gieße ein Gläschen Wasser in den Backofen und stelle einen kleinen Topf mit kochendem Wasser dazu. Die Dampfdusche lässt das Brot beachtlich aufgehen.

Nach 20 Minuten stelle ich die Temperatur auf 200 Grad zurück, nach weiteren 35 Minuten nehme ich das Wassertöpfchen heraus, bepinsele das Brot mit Bier (wenn schon Treber, dann auch Bier) und lasse es weitere 10 Minuten in der Hitze. So richtig schön glänzt die Kruste noch nicht, also mache ich es, wie ich es noch von meiner Großmutter kenne. Die hätte natürlich nicht Bier, sondern Wasser genommen, also nehme ich diesmal auch Wasser: Ich wische mit einem nassen Tuch übers Brot und schiebe es noch einmal zurück in die Hitze. Den Ofen stelle ich schon mal aus, nach 5 Minuten öffne ich die Backofentüre, bewundere das Schätzchen und lass es im Ofen auskühlen.

Es ist zwar bei weitem nicht so dunkel wie das Templiner-Brauhaus-Brot, aber für Eltern ist das Neugeborene grundsätzlich wunderschön.

Jetzt heißt es warten. Wie lange ich das aushalte, weiß ich noch nicht. Nach dem Anschneiden gibt es das Foto.

Hier ist es.

Und gleich noch die Auswertung. Mit seinem Vorbild aus Potsdam hat mein Treberbrot wenig zu tun, außer dass es ebenso spelzig ist (ich mag das) und trocken schmeckt. So wie trockener Wein trocken schmeckt, also nicht sauer. Darauf bin ich stolz. Die Krume ist leicht und locker, trotzdem noch etwas saftig und nicht krümelig.

Ein paar hellere, feinere Streifen durchziehen das Brot. Nächstes Mal würde ich auf das Falten verzichten. Das habe ich diesmal nur gemacht, weil ich den Eindruck hatte, der Teig ist zu wenig geknetet.

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Biskuitrolle war ein Feiertagskuchen in meiner Kindheit. Wenn Großmutter da war, gab es Buttercremetorte. Wenn Mama alleine backen musste, gab es Biskuitrolle; da konnte keine Buttercreme gerinnen. Die Füllungen variierten, oft war es Marmelade. Mein Biskuit rollt sich am liebsten um Sahne und Erdbeeren.

Der Biskuit braucht:

5 Eier, getrennt
1 Spritzer Zitrone
1 Prise Salz
80 bis 100 g Zucker (Zefiro)
wenig abgeriebene Zitronenschale
100 g feines Weizenmehl
50 g Maisstärke
1 gestrichenen Teelöffel Backpulver

und groben Zucker fürs Tuch

Füllung und Deko bestehen aus:

250 g Erdbeeren
2 Bechern Sahne
eventuell etwas Zucker
und eventuell ein paar Pfefferminzblättchen

So geht’s (es geht auch anders, bei mir geht Biskuit so):

Die fünf Eiklar mit einer Prise Salz und einem Spritzer Zitrone sehr steif schlagen, den Zucker einrieseln lassen und ein paar Minuten weiterschlagen. Ich nehme am liebsten den superfeinen Zefirozucker von Eridania, Puderzucker geht auch oder normaler Zucker, der halt länger braucht, bis er sich auflöst. Ein Teil des Zuckers kann auch mit Vanille sein.

Nach und nach die Eigelbe einrühren. Mehl, Stärke und Backpulver mischen, nach und nach darübersieben und unterheben.

Die Masse auf ein mit Backpapier ausgelegtes Backblech streichen und bei 190 °C ca. 10 Minuten backen. Heißer und kürzer geht natürlich auch oder weniger heiß und länger.

Ein Geschirrtuch mit normalem Haushaltszucker bestreuen, den Biskuitboden daraufstürzen, das Backpapier abziehen (eventuell vorher kurz ein nasses Tuch aufs Backpapier legen) und den Boden mithilfe des Tuchs aufrollen. Etwas auskühlen lassen und wieder auseinanderrollen.

In der Zwischenzeit den Großteil der Erdbeeren in Scheiben, Würfel oder Spalten schneiden und zwei Becher Sahne steifschlagen. Wer mag, kann die Sahne süßen, ich mag sie lieber pur.

Sahne auf den ausgekühlten Biskuit streichen, mit den kleingeschnittenen Erdbeeren belegen und aufrollen. Die Oberfläche mit Sahne beklecksen und mit ein paar ganzen Erdbeeren krönen. Pfefferminzblättchen sind nicht nur ganz niedlich, sondern passen auch gut zu Erdbeeren.

Auch dieses Rezept darf zum Kochtopfblog, wo Sylvia von rock the kitchen! farbenfrohe Gerichte sammelt.

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Blog-Event LXIX - Farbenfrohe Gerichte (Einsendeschluss 15. Juli 2011)

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Grillagetorte

3. April 2011


Meine erste Grillage-Torte war ein Wiedererkennen. Sie ähnelte verblüffend der Torta Meringata, die ich aus dem westlichen Ligurien kannte und mit der man mich einst zum Nachtisch bekehrt hatte. Zu Zeiten, als ich noch rauchte, war sie der einzige Nachtisch, der mein Herz höher schlagen ließ. All die Überzeugungsversuche und Argumentationen, nach einem drei- bis fünfstündigen Abendessen mit alleine 13 verschiedenen Vorspeisen müsste man auch noch ein Dessert zu sich nehmen, und zwar, weil einem dann leichter würde, habe ich jahrelang ignoriert. Bis ich mich zum ersten Bissen Meringata nötigen ließ.

Grillagetorte

Von da an war alles anders. Ich weigerte mich, in ein Restaurant zu gehen, wo es dieses unbeschreiblich köstliche Halbgefrorene nicht gab, und ich habe die Erfahrung gemacht, dass es tatsächlich stimmt: Nach einem der Völlerei gewidmeten Abend hilft ein süßes Dessert, sich leichter zu fühlen.

Man braucht

6 bis 7 Eiweiß
1 Prise Salz
250 g Zucker plus 2 leicht gehäufte Teelöffel
1 Liter Schlagsahne
100 g gemahlene Haselnüsse
100 g Bitterschokolade
eine Handvoll Schokobohnen.

Die Mutter des Kerls sagt, man soll die Baiserböden schon einen Tag vor dem Zusammenbauen der Torte backen, zur Vermeidung von Stress und damit sie über Nacht so richtig auskühlen und sich festigen können. Also tun wir das. Die Mengenangaben sind für Backformen mit einem Durchmesser von 30 cm ausgelegt. Bei 26-cm-Backformen bekommt man, mit einem Eiweiß mehr, einen dritten Boden raus, den man ohne Bedenken auf die Schokosahne legen kann. :)

Zwei Böden kann man im Umluftherd gut auf einmal backen; eine Form auf der untersten, eine auf der dritten Schiene von unten. Sonst braucht man halt unendlich viel Zeit zum Nacheinanderbacken, dann auf der mittleren Schiene.

Man schlägt das Eiweiß mit einer Prise Salz und 250 g feinem Zucker sehr steif, bis der Eischnee glänzt, verteilt den Schnee gerecht auf die Springformen, die mit Backpapier ausgelegt sind und bäckt die Böden bei 130 °C mit Umluft etwas mehr als zwei Stunden. Über Nacht auskühlen lassen.

Dann macht man drei Sorten Sahne.

Für die erste werden 400 ml Sahne mit 1 Tl Zucker steifgeschlagen und 100 g (nicht zu fein) gemahlene Haselnüsse untergehoben.

Für die zweite ebenfalls 400 ml Sahne mit 1 TL Zucker steifschlagen und zwei Riegel geraspelte Blockschokolade (oder 100 g einer schickeren Bitterschokolade) unterheben.

Die dritte Sahne darf einfach nur Sahne bleiben: 200 ml steifgeschlagen. Wer mag, kann natürlich auch sie süßen.

Vor dem Zusammenbauen kleidet man eine Springform mit Alufolie aus. Die Basis bildet ein Baiserboden, darauf wird die Haselnusssahne verstrichen, dann kommt der zweite Baiserboden mit Schokosahne obendrauf. (Wenn man einen dritten Boden gebacken hat, bildet der jetzt den Deckel.) Die pure Sahne wird glatt über die Oberfläche verstrichen, mit einer Spritztüte werden Kringel aufgespritzt oder Sternchen oder Häufchen, wie auch immer, die mit je einer schokolierten Kaffeebohne verziert werden. Einfache Schokobohnen tun’s auch.

Nun kommt das Baiser-Sahne-Ungeheuer in den Tiefkühler, bis es durchgefroren ist. Eine halbe Stunde vor Verzehr sollte man das Schätzchen herausnehmen und etwas antauen lassen. Es soll schließlich als Halbgefrorenes auf den Tisch.

Für Wissenswertes über die Grillagetorte unbedingt den Link anklicken, da wurde Recherche betrieben. Interessant ist, dass sie ein exakt abgegrenztes Verbreitungsgebiet zu haben scheint. Südlich der (wohl nur Sprachgeographiefreaks vertrauten) Benrather Linie, da, wo sich vor etwa eineinhalb Jahrtausenden die zweite, hochdeutsche Lautverschiebung nur unvollständig ausgeprägt hat, kommt sie nicht vor.

Über ihren Ursprung kann man nur rätseln. Mancher munkelt, sie sei von norditalienischen Bäckern eingeschleppt worden. Das passt zu meinem ligurischen Erweckungserlebnis. Schade, dass der Link Rettet die Grillagetorte zurzeit nicht funktioniert.

Der von edekaner betreuten Rheinlandreise würde ohne Grillagetorte etwas fehlen. Foto gibt es leider keins, beim letzten Backen war noch kein Fotoapparat dabei.

Nachtrag: Jetzt gibt es auch Fotos.

Blog-Event LXVI  - Eine kulinarische Reise durch das Rheinland (Einsendeschluss 15.04.2011)

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Apple crumble

14. Oktober 2010

Sonntag. Weil es schon mittlerer Nachmittag war und ich das Rezept für die groß angekündigten norwegischen Kanelsnurrer nicht zu Ende gelesen hatte und plötzlich feststellte, dass der Teig zweimal zwei Stunden gehen muss, und der Kerl sagte, ich will aber die Zimtschnecken jetzt und nicht morgen früh, und auch ich jetzt sofort und ziemlich auf der Stelle was Süßes haben wollte, dachte ich: Mach ich doch einen schnellen Apple crumble. Dann sind auch die kleinen roten, sehr sauren Äpfel verarbeitet, die, aus Bayern mitgebracht, bald auf dem Fensterbrett schrumpeln würden.

Dieser Apple crumble wurde zum besten, den ich je gegessen habe, woran natürlich auch die Äpfelchen von meiner Mutter Apfelbaum ihren Anteil haben. So geht er:

Normalen Haushaltszucker zu goldbraunem Karamell schmelzen lassen.

Die geschälten, vom Kernhaus befreiten, in Spalten geschnittenen und mit Zitrone beträufelten Äpfel dazugeben, wenig Butter und eventuell einen Eßlöffel Wasser dazu, umrühren, ein Lorbeerblatt mitziehen lassen. Die Äpfel angaren und in eine gebutterte Steinzeugform geben. Etwas abkühlen lassen.

Für die Streusel 100 g weiche Butter, 70 bis 80 g Zucker, 50 g geriebene Mandeln und 50 g Mehl verrühren (eventuell mit ein bisschen Vanillezucker, auf jeden Fall mit der obligatorischen Prise Salz, die alles Süße braucht) und über die Äpfel bröseln.

Auf der mittleren Schiene bei 200 °  ca. 30 Minuten backen.

Lauwarm essen, unbedingt mit Sahne. Zwar liebe ich flüssige oder halbgeschlagene Sahne, hierzu mag ich sie steifgeschlagen.

Auch diesem jammervollen Rest  war es nicht vegönnt, den Abend zu erleben.

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Genau genommen ist es eine Focaccia Bitontina, aber das ist sie auch wieder nicht, weil ich Mamma Emilia nie beim Teigbereiten zugeschaut habe. Und aus den dürren Worten, mit denen sie mir ihr Rezept mitgeteilt hat (Mehl, Wasser, Hefe, Salz, ein Löffel Öl, das ist der Teig – und was drauf ist, siehst du ja), kann man nicht viel mehr entnehmen als die Anleitung zum Improvisieren.

Was die apulische Focaccia ausmacht, sei sie aus Bari, Bitonto oder der/dem Valle d’Itria, ist – im Gegensatz zu meiner zweitliebsten, der ligurischen – dass sie dick ist, also hoch, mit Tomatenstücken belegt und von Olivenöl trieft. Außerdem braucht sie Oregano statt Rosmarin.

Schluss mit der Vorrede. Warum es Focaccia gab? Weil ich aus irgendeinem Grund auf eine süditalienische Seite verlinkt habe, wo der Hausherr über ein Focacciarezept stolperte und ausrief: „Die sieht ja aus wie bei Emilia. So eine hätt ich jetzt gerne!“ Und dann musste es schnell gehen.

Hier das Rezept:

350 g Mehl (it. 00, dt. Type 405)
ein Päckchen Trockenhefe (entspricht 20 g Frischhefe)
eine Prise Zucker
Wasser nach Gefühl (mindestens 200 ml; der Teig soll nicht so fest werden, dass man ihn nicht mehr mit dem Löffel schlagen kann)
ein Esslöffel Olivenöl
ein gehäufter Teelöffel Salz
zwei Tomaten
Oregano
mehr Olivenöl
und noch ein bisschen mehr Salz, am besten grobes Meersalz

Den Teig rühren, bis er homogen ist, dann 45 Minuten gehen lassen. Bemehlen, mehrfach unterschlagen und in einer Tarteform mit etwas höherem Rand plattdrücken. Dellen sollen sein.

Tomatenstücke in den Teig drücken, leicht salzen, mit Origano bestreuen und mit reichlich Olivenöl beträufeln. Das Öl darf sich in den Vertiefungen der Teigoberfläche sammeln.

Weitere 20 Minuten gehen lassen und bei 200 ° und abfallender Hitze auf der mittleren Backofenschiene ca. 45 Minuten backen.

Vom Geschmack her kam sie Emilias Focaccia sehr nahe, aber, mehr Öl ist gefragt und vor allem eine bessere Konsistenz: proßporiger, elastischer, weniger kuchenartig. Das bekommt man vermutlich mit einer längeren Teigführung hin.

Sobald ich Emilia über die Schulter geschaut habe, werde ich meine neuen Erkenntnisse weitergeben.

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Das erste selbstgebackene Brot seit bestimmt zwanzig Jahren soll es werden und das erste selbstgebackene Weißbrot überhaupt.

Hab in Kaltmamsells schönen Rezepten gestöbert und konnte ihrem Brot ohne Kneten nicht widerstehen. Was für eine Aussicht: Die Hefe nimmt mir die gesamte Arbeit ab! Was sie sicher auch getan hätte, hätte ich mich nur ans Rezept gehalten. Und genau das wollte ich auch. Nur war dann plötzlich zuviel Salz im Teig. Also mehr Mehl dazu … und mehr Wasser … Sch… zu viel! … dann eben noch mehr Mehl … zu fest? … vielleicht doch noch einen Schluck Wasser? Schluss jetzt, gut jetzt, was soll’s! Ich stelle den (recht flüssigen, aber das ist ja eines der Geheimnisse des Brots ohne Kneten) Teig zur Ruhe, um mich 20 Stunden später seiner wieder anzunehmen.

24 Stunden später (hab ich mich doch schon wieder verrechnet) kippe ich ihn beherzt auf ein Arbeitsbrett, gut gemehlt dasselbe, und … Hilfe! … beginne auf der Stelle, ihn einzufangen. Die Anweisung „zweimal falten, wie einen Brief“ kann ich vergessen. Was bitte an diesem zerfließenden Ungeheuer ließe sich falten.

Nachdem alles, was sich nicht in sonstwelche Ritzen verzogen bzw. in den Abgrund gestürzt hat, wieder eingefangen und in die Rührschüsssel zurückbefördert ist, schütte ich Mehl darauf, wieviel? keine Ahnung!, und arbeite es mit dem Teigschaber ein. So verschaffe ich mir wenigstens die Illusion, ich hätte etwas gefaltet. Oder so ähnlich. Nicht zweimal, nicht dreimal, sondern solange, und immer wieder die Schüssel gedreht und das Unterste nach oben gekehrt, bis alles Mehl im Teig aufgegangen ist, spurlos. Der klebt zwar immer noch, wie kein Kaugummi es jemals fertigbrächte, hat aber jetzt doch zu einer geringfügig stabileren Konsistenz gefunden.

Wie nun weiter? Einen neuen Faltversuch wagen, jetzt gleich, die vorgeschriebene viertel Stunde warten und dann weitere zwei ganze, in denen er sich in einem bemehlten Tuch in die Schüssel schmiegen darf? Und dann backen? Wie spät ist es dann? Genau!

Zwei Argumente sprechen dagegen. Erstens käme ich nicht mehr rechtzeitig zu meiner Abendverabredung, immerhin bei Frühsammers, zweitens hätte die Hefe verdammt wenig Zeit, um an dem neu hinzugefügten Mehl ihre Arbeit zu verrichten. Also Aufschub: Gebacken wird morgen.

Kaum zu Hause, nach einem wahrhaft beneidenswerten Essen, übrigens auch mit hervorragendem Brot, muss ich sofort den Teig kontrollieren. Um Mitternacht hat die Hefe gute Arbeit geleistet (vermutlich war ihr die ganze Angelegenheit vorher doch etwas zu nass). Am nächsten Morgen ist der Teig noch weiter gegangen, aber immer noch im Rahmen, sprich in der Schüssel geblieben. (Und das Ganze mit nur einem Sechzehntelwürfel Hefe. Wunder über Wunder!)

Nach insgesamt 42 Stunden Gehen in zwei Etappen stürze ich das eiskalte Hefedings auf ein bemehltes Tuch (diesmal zeigt es deutlich weniger Fluchttendenzen) und falte den etwas breitgelaufenen Teig nicht nur „zweimal wie einen Brief“, sondern jeweils von rechts nach links, von oben nach unten, von unten nach oben und von links nach rechts. Jetzt ist er rundherum bemehlt, lässt sich (vorsichtig, sonst klebt’s) anfassen und wandert in den knallheißen Gusseisentopf. Knallheißen Deckel drauf und ab in kuschlige 240 Grad in den Backofen.

zweckentfremdet: Backtopf

Hier werden zwei Anmerkungen fällig: Mir erschien der Ofen zwar brüllend heiß, das kombinierte Fleisch- und Ofenthermometer von Tchibo, dem ich noch nie getraut habe, bleibt aber, nachdem es sich viel Zeit mit seiner finalen Temperaturangabe gelassen hat, schließlich unverrückbar bei 210 Grad stehen. Wie auch immer, für den Kunststoffdeckelgriff des Cousance-Topfes sind auch 210 Grad eine Zumutung. Zwar hatte ich ihn mehrfach mit Alufolie umwickelt, dennoch entströmte dem Ofen ein leicht chemischer Geruch, und so widerstand ich der Versuchung, den Schalter auf 275 Grad zu drehen, was das Tchibo-Thermometer vielleicht doch noch einmal ein bisschen in Bewegung gebrächt hätte.

35 Minuten sind um, bei intendierten 240 Grad, ich ziehe den Topf heraus und habe einen Moment lang die Vorstellung, der in Alu gewickelte Deckelgriff löst sich bei der ersten beherzten Berührung auf, wird zu einer gummiartigen Masse, das geschmolzene Plastik spritzt zischend aus seinem Alumantel, woraufhin der Deckel meiner Hand entgleitet und erst polternd auf die Glastür, dann auf meine nackten Füße fällt, und d … Nein. Nichts dergleichen. Der Griff hält, ist fest, vielleicht gehärtet sogar?, und ich nehme den Deckel ab.

Das Brot sieht allerliebst aus, leicht golden schon, ein Glücksmoment, und es kommt für weitere 15 Minuten im nun offenen Topf hinter die geschlossene Tür.

Fertig. Sieg. Schön schaut’s aus.

Noch aber ist es zu warm, das hübsche frischgeschlüpfte Brot. Jetzt warte ich, bis ich es anschneiden darf.

Jetzt hab ich es angeschnitten. Wahnsinn. Sehr knusprig, sehr geschmacksintensiv, nussig, die Krume saftig, sehr großporig. Ein Gedicht.

Mit Sauerrahmbutter zum Niederknien. Mit Probsteier Schinken zum gar nicht mehr Aufhören. Ob es morgen noch schmeckt, werde ich sehen. Vermutlich nicht, vermutlich erlebt es morgen gar nicht.

Danke Kaltmamsell! Nächstes Mal halte ich mich dann an Ihr Rezept.
Hier die Kurzform:

Zutaten:
430 g Mehl (Type 550), 345 g Wasser, 2 g Trockenhefe, 11 g Salz

Wichtigstes Utensil:
Ein Bräter mit Deckel, der hohe Temperaturen aushält.

Und so soll es sein:
Alles kurz verrühren und den Teig 20 Stunden bedeckt gehen lassen.

Aus der Schüssel holen und auf bemehlter Fläche zweimal falten wie einen Brief.

Tuch mit reichlich Mehl versehen, in eine Schüssel legen, Teig reinkippen und noch einmal zwei Stunden gehen lassen.

Backofen auf mindestens 230, besser 250 Grad vorheizen, den Gusseisenbräter herausnehmen und den Teig hineinstürzen. Deckel zu und 50 Minuten backen. Nach 30 bis 35 Minuten den Deckel abnehmen und bei fallender Hitze offen fertigbacken.

Brot aus dem Topf nehmen und auf einem Gitter auskühlen lassen.
Und dann: Butter auf die Stulle.

Butter auf die Stulle

PS: Damit der Teig sich nicht wegen des Mehr an Mehl am Deckel stößt, habe ich vier Kugelquanten abgenommen und zu Dampfnudeln gemacht, in Butter, Milch und Zucker. Das geht also auch mit einem so mageren Teig. Was zu beweisen war. (Nur etwas zu salzig waren sie.)

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