Wackerstein, der

Wird aus der Grauwacke gewonnen, einem neben Phylliten, Quarziten, Porphyroiden, Schiefern und schwach metamorphem Kalkstein gebirgsbildenden Material der Grauwackenzone, wo sie, anders als anderswo, zweimal gefaltet wurde.

Mittelbar abgebildet im Bauch des Wolfs von den sieben Geißlein an der Fassade des Märchenhauses im Finsterwalder Dichterviertel, ehe selbiger in den Brunnen fällt.

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Menzi Muck

27. Juni 2013

Qype (einst geliebt und schon lange verlassen) ist an Yelp verkauft worden, und ich gehe davon aus, dass über kurz oder lang die Beiträge, die keinen unmittelbaren Nutzen haben, gelöscht werden. Ich habe also meine Beiträge nach Hause geholt und werde sie nach und nach hier bei evenaar … trifft längengrad veröffentlichen.

Mit Taraaa stelle ich vor: Menzi Muck, den eidgenössischen Schreitbagger. Entdeckt in Kleinglienicke und nur durch einen Graben, der behauptet, ein Fluss zu sein, von den Südberliner Schweizerhäusern getrennt.

Geschrieben ist sein Porträt am 20.9.2007.

Menzi-Muck A80 an der Bäke

Menzi-Muck A80 an der Bäke

Offenbar steh ich auf kernig und Kerl: Seit Donovan (nein, ich bin kein Donovan-Fan) liebe ich Caterpillars, allen voran den Kettendozer. Und seit mich ein Liebhaber eines Tages damit von der Scharoun’schen Staatsbibliothek abgeholt hat, liebe ich den Unimog.

Vor ein paar Tagen hätte ich noch behauptet, ich bleibe ihnen ewig treu, dem Caterpillar und dem Unimog. Das aber war, bevor Menzi Muck in mein Leben trat.

Menzi-Muck A80 an der Bäke

Menzi Muck ist unvergleichlich! Gelb mit ein paar roten Glanzpunkten stand er plötzlich vor mir, und ich erstarrte. Ich bin immer noch ganz aus dem Häuschen: eine Schönheit! Ein Wunder an Flexibilität sein Fahrwerk, ein Ausbund an Originalität der ganze Kerl. Er hat eine bemerkenswerte Kraft, und doch bewegt er sich wie eine Gemse. Der König unter den Schreitbaggern.

Man muss ihn lieben, ich spreche hier vom A81, mit seinem John-Deere-Dieselmotor und seiner Vorliebe für biologisch abbaubare Panolin-Schmierstoffe, mit seinem tiefen Profil, seinen unzähligen Gelenken und seinen Stahlpratzen. Pratzen? Ja, Pratzen, Klauen, mit vier oder sechs Spitzen! Damit klammert er sich locker an jeden Hang. 45 Grad Steigung? Für Menzi Muck kein Problem! „Ob im alltäglichen Einsatz, am Steilhang bis 100 %, in Wassertiefen bis 4,5 Meter oder im tiefen Morast, ob in den Bergen oder am Meeresgrund: dem Menzi Muck sind kaum Grenzen gesetzt.“

Menzi-Muck A80 an der Bäke

Die Böschung sieht zwar nicht mehr ganz so schick aus, wenn Menzi Muck darübergestiefelt ist, aber in diesem Fall kommt kein Mucks der Beschwerde über meine Lippen. Mit der Zeit werden die Wunden verschorfen und die Narben heilen. Ihr werdet sehen, in einem Jahr ist das Bäkeufer wieder grün, nicht mehr so wildromantisch vielleicht wie vorher, aber wer braucht das schon?

Menzi-Muck A80 an der Bäke

Gestern abend, in der Trattoria Toscana, hab ich ein paar schnucklige Jungs kennengelernt. Zu spät! Vielleicht haben sie eine Chance, wenn sie sich zum Fahrerkurs im Menzi-Muck-Fahrerclub anmelden, um das Klettern längs und quer zum Hang zu üben. „Menzi-Fahrer zu sein, bedeutet sich wie ein König zu fühlen.“ Das wird der Ausstrahlung zuträglich sein. „Menzi Muck. Und alles ist möglich.“

Menzi-Muck A80 an der Bäke

Wer also einen Bagger braucht, und sei es ein Unterwasserbagger, wende sich vertrauensvoll an den einzigen schweizerischen Baggerhersteller weltweit: Menzi Muck. Und so hat alles begonnen im Jahre 1966: „Ernst Menzi lieferte Josef Kaiser Achsen für seine Güllenwagen, gemeinsam tüftelten sie an einem Allzweckbagger, der MUK war geboren.“ Danke Ernst Menzi! Danke Josef Kaiser!

PS. Ich bin Menzi Muck südlich von Berlin an der Bäke begegnet, einem Graben voller Entengrütze; deutsche Vertriebsstellen finden sich in Soest, Tangerhütte und Aichach; verqypt habe ich, da ich mich nicht entscheiden konnte, den Schweizer Stall, aus dem er kommt, auch wenn ich nie dort war.

Menzi-Muck A80 an der Bäke

Hergestellt wird der kleine Liebling von der Menzi Muck AG in der Auenstraße 77 in 9443 Widnau. Eine Portraitgalerie findet sich auch beim Bauforum. Wer sich z.B. für den hydraulischen Schreitfuß interessiert, bitte aufrufen! Die Knicklenkung wiederum ist nicht ganz so fotogen …

Menzi-Muck A80 an der Bäke

PPS im Juni 2013: Es sei auf Qype zurückverwiesen. Da fand ich plötzlich (jetzt erst!) Fotos von ottogang, Menzi Mucks glühendem Verehrer und größtem Fan.

PPPS: Unbedingt zu Youtube gehen und Menzi-Muck-Videos schauen!

Kaffeeschalentee, der

rotgold schimmernder, aus den Schalen jemenitischer Kaffeebohnen gebrühter, mit Ingwer und Kardamom gewürzter Tee.

Der auch als Arme-Leute-Kaffee bekannte Kaffeebohnenschalentee heißt Qishr und ist unter dem Namen Hashara auch in Äthiopien bekannt. Die Schalenhüllen der Kaffeekirschen werden in der Sonne getrocknet, leicht geröstet, aufgebrüht und dürfen ziehen.

Ehe um die Wende zum 13. Jahrhundert im Kaffee-Mutterland Jemen das Rösten in Gebrauch kam, wurden die Kaffeekirschen auch zu Kaffeesaft vergoren.

Und wieder eine private Anmerkung: Als Herzenswunsch der Autorin, seit jeher in die raffiniert klimatisierten Lehm-und-Stroh-Wohntürme von Shibam verliebt, kristallisierte sich gestrigen Samstags heraus, den überaus köstlichen jemenitischen Kaffeebohnenschalentee statt in irgendeiner Botschaft dieser Welt einmal im Leben in Sana’a zu trinken (deren Große Moschee mit ihren bemalten Holzdecken von in diesem Gewerbe nicht gerade unerfahrenen venezianischen Fachleuten restauriert wird).

Some nations

16. Juni 2013

Seiden

Der Tag der offenen Tür in Botschaften, Kulturinstituten und Vertretungen – er nennt sich All Nations Festival und hat sich dieses Jahr den Aberglauben zum Thema genommen – ermöglichte Einblicke in das jeweilige Selbstbild einzelner Staaten. Die Botschaften und Kulturinstitute machten sich schick. Uneingedenk politischer Präferenzen und Bedenklichkeiten nahmen wir Einladungen wahr und stromerten durch die Stadt und die Welt, wie sie sich in ihren Berliner Exklaven zu zeigen beliebte.

China bot Yue-Opern, Teeeier, Kunst in Seide und haarfeine Stickereien,

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Korea professionelle PR, die Erinnerung an deutsches Ersatzkimchi und neben Bulgogi und echtem jungen Kimchi Unterricht im Hangeul-Alphabet und die Angst vor der Vier,

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Hangeul

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Indonesien den kulinärischen Himmel, Kleinmädchentanz, Gamelankurse und Streuartikel als Give aways,

kulinärisches Indonesien

der Jemen viel Süßes, restauriertes Holz im Jemen-Report der Deutsch-Jemenitischen Gesellschaft und überaus köstlichen Kaffeeschalentee

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und Guinea-Bissao einen auskunftsfreudigen Märchenerzähler als Botschafter, den keine Frage zu seiner Heimat in Verlegenheit brachte und der zum Gruppenfoto unter der Landesflagge bat.

Guinea-Bissao in Berlin

Mehr Welt haben wir nicht geschafft.

Brückengrün, das

angenehm heller Farbton aus dem Grünspektrum, soll Kupferpatina nachahmen und kommt ausschließlich als Kölner Brückengrün vor.

Das Kölner Brückengrün wird turnusmäßig alle 25 Jahre in Form von Lack als letzte Schicht auf die der Unterhaltung durch die Stadt überantworteten Kölner Rheinbrücken aufgetragen, um sie gesund zu erhalten. Darunter liegen u. a. Zinkstaub und Eisenglimmer in grau und rot, im Falle der Severinsbrücke insgesamt mindestens sieben Anstriche (nachzulesen in der Zeitschrift Brückenbau 4/2011 auf den Seiten 21 bis 25), ehe das Kölner Brückengrün als weithin leuchtende Deckschicht aufgebracht wird.

Im Bilderbuch Köln finden sich unzählige brückengrüne Brückenfotos, von oben, von unten, von rechtsvon linksvon vorne, von ferne, einmal schrägeinmal himmelstrebend und nochmal von rechts und nochmal von oben und nochmal von unten und nochmal von unteneinmal so und einmal so und nochmal anders …

(Für Eilige: Wer einmal im Bilderbuch Köln gelandet ist und nicht  zur Vergrößerung aufs Foto klickt, verpasst die ultimative Prachtentfaltung.)

Ein Besuch mit Besichtigung, Befahrung und, so weit möglich, Begehung der Kölner Brückenfamilie sei an dieser Stelle dringend empfohlen.

Gradierwerk, das

auch Leckwerk. Nicht zu verwechseln mit Radierwerk oder Granulierwerk.

Vernebelt Salzwasser. Ersetzt den Atemwegen das Meer. Beliefert die Pfannensiederei mit versiedwürdiger Sole. Der profunde Salinist Prof. Dr. Herrmann Wirth von der Bauhaus-Universität Weimar bezeichnet Gradierwerke als Kathedralen des Salinenwesens.

In Deutschland und Polen, überhaupt in den nördlicheren Breiten, vervollkommnen sie üblicherweise ein Salzwerk. Andernorts kennt man keine Gradierwerke und verlässt sich stattdessen auf die Sonnengradierung, bei der Sonne und Wind das Salz der in flachen Bassins exponierten Sole einfach ablecken, bis es weiß und kristallin zutageliegt.

Im Gradierwerk wird gradiert, besser, aufgradiert: von den zum Beispiel fünf oder sechs oder zehn Prozent Salzgehalt der aus der Tiefe geförderten Rohsole auf die sogenannte Gutsole mit einer Salzkonzentration von 22 Grad (bzw. Prozent), ab der sich das Salzsieden erst lohnt.

Ein Bohrturm, so er sich über einem Salzschacht erhebt, könnte ein Gradierwerk anzeigen. Denn es bedient sich aus dem Salzbrunnen. Mithilfe einer Kunst wird das salzige Brunnenwasser gehoben. Ross-, Wind- oder Wasserkünste, Pumpen und Feldgestänge arbeiten zusammen, um die Sole über Tröpfelrinnen auf das eigentliche Gradierwerk zu leiten. Das besteht aus luftigen, mit Schlehenreisig verfachten Holzkonstruktionen, die durchaus 20 Meter hoch und mehrere hundert Meter lang sein können und sich mit einem salzhaltigen Schleier umgeben.

Während die Sole von Ast zu Zweiglein tropft, dabei in immer kleinere Tröpfchen zerspringt und ihre festen Bestandteile und Verunreinigungen an die Dornen abgibt, füttert sie Wind und Sonne mit verdunstendem Wasser und konzentriert sich dabei. So oft wird die Sole verrieselt, bis sie auf ein Siedloth von 22 Grad kommt oder auch etwas mehr; nie aber soll die Konzentration höher als 25 Grad sein, denn ab 26 Grad ist das Wasser gesättigt. Das kostbare Salz würde auszukristallisieren beginnen und sich an die kleinteilige Architektur der Schwarzdornbündel anlagern, wo doch nur Kalk und Gips und die übrige Mineraliengesellschaft ihren Platz finden sollen.

All diese Teilchen, mit denen das Salz ein symbiotisches Verhältnis pflegt, begleitet von Sulfaten, Bromiden, Karbonaten, verbinden sich als kristalline Niederschläge zum Dorn- oder Leckstein, der das feine Geäst in immer dickeren Schichten umschließt, bis, bei relativ reiner Sole vielleicht erst nach 30 Jahren, die Rieselwände mit neuem Reisig bestückt werden müssen.

Heute geht man nicht mehr wie vor zweihundert oder dreihundert Jahren mit der Schaufel ins Gradierwerk, um Sole an die Wand zu werfen. Heute geht man ins Gradierwerk, um, meist gegen Gebühr, tief durchzuatmen. Bad Dürrenberg zum Beispiel lädt kostenlos in den Kurpark ein, um am Gradierwerk entlangzuwandeln. Ein bisschen Ertrag kommt hier auf andere Weise zustande: Es wird dringend empfohlen, die Kleidung gegen den Solenebel zu schützen und sich zu diesem Behufe einen Solemantel umzulegen, den es im Palmen- und Vogelhaus auszuleihen gilt.

Die therapeutische Nebennutzung ist gut hundert Jahre alt. Schon früh im 19. Jahrhundert wurden in den Gradierwerken Badestuben, zunächst nur für die Beschäftigten, eingerichtet. Man hatte die heilende Wirkung der Sole erkannt und irgendwann auch die Nordseeatmosphäre schätzen gelernt, die das bei der Verrieselung entstehende Aerosol mit seinen fliegenden Teilchen schafft. Neben den anderen Aerosolpartikeln schwingen sich während des Verdunstungsprozesses auch Salzteilchen in die Luft, ehe sie sich, ausgefällt, zum Dornstein vereinigen. Der Gradierverlust durch die entschwindenden Salzpartikel führte schließlich zur Nachnutzung der Gradierwerke als Freiluftinhalatorien.

Salzsüchtige, die zum Beispiel gerne wüssten, durch welche Zeichen sich eine Salzquelle verrät oder was eine Salzmutter ist, lesen bitte unbedingt weiter im geliebten Pierer (von 1857) bei Zeno. Dort ist auch zu erfahren, dass, obwohl die Sole beim Gradieren schon eine erste Läuterung erfährt, eine weitere Reinigungsphase in der Gradierpfanne stattfindet, wozu Ochsenblut in die siedende Sole gegossen wird, das die Verunreinigungen bindet, als Schaum mit sich an die Oberfläche trägt und leicht abgeschöpft werden kann.

n.b. Thüringische Gradierwerke fallen erstaunlich oft Wirbelstürmen bzw. Windhosen zum Opfer.

Der Löffel war auf einem stattlichen Anwesen zum Picknick unter Platanen geladen. Was heißt, geladen. Er wurde mitgenommen. Das Château de la Croix Chabrières hatte es ihm angetan: mit seinem flatternden Licht und dem Wind, der die Mittagshitze kühlte und den mehr als ein Jahrhundert alten Bäumen ein Sturmrauschen entlockte, obwohl er gar nicht so heftig wehte.

Das Weingut sitzt zwischen allen Stühlen. Es ist ein Kind der Grenze und hat Anteil an: zwei Regionen, zwei Départements, zwei Gemeinden und zwei Anbaugebieten.

So werden auf La Croix Chabrières Weine verschiedener Appellations gekeltert: zum einen Côtes du Rhône, aber auch Coteaux du Tricastin, wobei es Coteaux du Tricastin nur noch in älteren Flaschen gibt. Wegen der kompromittierenden Reaktoren gleichen Namens ganz in der Nähe mussten die Weinbauern erhebliche Verkaufseinbußen hinnehmen. 2010 haben sie es geschafft, eine Umbenennung durchzusetzen: Ein Coteaux du Tricastin heißt jetzt Grignan-les-Adhémar.

Den Löffel interessierte das weniger. Schon eher die Erntemaschine auf dem Feld (hier wird nicht von Hand gelesen), die an den Weinstöcken rüttelt und der diese wunderschöne Smaragdeidechse zum Opfer fiel, und der lärmende Entrapper.

Er musste aufpassen, nicht in die Schraube zu kommen …

… oder im Trester verschütt zu gehen …

… oder ins Gärfass zu rutschen …

oder der Rache eines Messers zum Opfer zu fallen.

Er erfreute sich am Ton in Ton mit den Korken …

… neuen und alten…

und den platten Kartons, die den Flaschen gehören.

Leider hatte er den Korkenzieher vergessen …

… und so blieb er ganz und gar nüchtern.

Trotzdem ist die Welt voller Gefahren, und sei es, von einem Regenrinnenmonster in die Unterwelt gespuckt zu werden.

Arthurs Tochters Löffels Reise begann hier.

Der Löffel ist unter die Trüffeln gefallen. Zwar sind es nur die aus dem späten Sommer im Tricastin, auf der Domaine de Bramarel von einem milden Labrador für seinen Herrn gejagt, dafür sind es Unmengen. Dem Löffel wird fast schlecht davon.

Das Tricastin kennt man nicht nur als Landschaft der Weingüter und trüffelbeherbergenden Eichenhaine, sondern vor allem wegen des größten Kernkraftwerks der Welt. Es ist eines von 14 an den Ufern der Rhone, und neben Cruas das zweite in dieser wundervollen Gegend.

Wenn der Löffel sich hier eine Kategorie suchen soll, dann kann es nur „weltbekannt“ sein. Etwas ketzerisch, gewiß, aber die französischen Atomkraftwerke sind nun einmal weltbekannt, und Tricastin ist es seit letztem Sommer erst recht. Natürlich ist es nicht auf dem Foto abgebildet. Erstens ist es nicht unbedingt hübsch, zweitens, wer will schon mit Fotos von Atomkraftwerken behelligt werden, drittens steht seine Größe in keinem Verhältnis zu der des Löffels und viertens, wer weiß, hätte vielleicht der Löffel zu früh den Löffel abgegeben, wenn er zu sehr auf Tuchfühlung gegangen wäre. So müssen also stellvertretend für das Atomkraftwerk die unschuldigen Trüffel posieren. Schließlich sind sie aus dem Tricastin (und haben hoffentlich nicht zu viel abbekommen von ihrem berühmten Nachbarn).

Arthurs Tochters Löffels Reise begann hier und endet da noch lange nicht.

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Auch ein Schicksal. Der Löffel klopft an die Tür, und keiner macht auf.

Es ist Herbst, er klopft, erst so herum, dann so herum …  Aber keiner macht auf.

Arthurs Tochters Löffels Reise begann da und endet hier noch lange nicht.

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Teltower Rübchen

15. Oktober 2011

Endlich wieder Rübchen! Obwohl – eigentlich ist es noch ein bisschen früh. Das Rübchenfest in Ruhlsdorf hat zwar schon stattgefunden, wie immer Ende September, aber die Rübchen sind noch zu klein. In zwei Wochen sind sie gut, sagt Frau Schäreke, die, als sie meine enttäuschte Miene sieht, ins Haus verschwindet und mit einem Kilo zu klein geratener Rübchen wiederkommt. „Der Rest vom Fest“, wo sie zu neunt vier Stunden lang Rübchen geputzt haben, um Suppe daraus zu kochen, die dann in einer Dreiviertelstunde aufgegessen war.

Für meine Rübchen in Sahne braucht man:

500 g Teltower Rübchen
1 bis 2 El Zucker
1 bis 2 El Butter
ein guter Schluck bis ein kleines Glas Weißwein (oder Noilly Prat)
250 ml Kalbsfond
150 bis 250 ml Sahne
viel frischgemahlene Koriandersaat
Salz und Pfeffer
eventuell ein paar Späne geriebenen Meerrettich
(oder einen halben Teelöffel aus dem Glas)

Die böse Arbeit ist das Putzen. Da hilft gar nichts: die Schätzchen müssen gründlich gewaschen und geschrappt werden. Wenn sie Macken vom Ernten haben oder kleine Würmchen sich in ihnen gütlich getan haben, dauert es noch viel länger. Geduld erleichtert die Prozedur, und gute Gesellschaft versüßt sie.

Der Rest macht Spaß: Zucker in einer breiten Pfanne zerlaufen und bis zum Goldton karamellisieren lassen, die Rübchen, größere halbiert, in die Pfanne geben und mit dem Karamell überziehen. Zur rechten Zeit, also, ehe die Farbe zu dunkel wird, Butter dazu geben und mit Weißwein ablöschen. Salzen und, wenn der Wein fast wegreduziert ist, Kalbsfond zugießen. Erst bedeckt, dann offen simmern lassen.

Es riecht sehr schnell betörend, aber die Rübchen brauchen ihre Zeit, mindestens 35 Minuten, es kann auch mehr werden. (Diesmal bin ich dem Rat der Rübchenbäuerin gefolgt und habe sie in wenig Wasser zehn Minuten vorgekocht, das verkürzt die Garzeit im Fond erheblich.) Bei Bedarf mit weiterem Fond (oder/und dem Kochwasser) aufgießen. Gegen Ende der Garzeit soll die Flüssigkeit stark reduziert sein. Dann mit Sahne nach Belieben auffüllen (mir war es hier ein bisschen zu viel) und nochmal bis zur gewünschten Sämigkeit einkochen. Mit Salz, viel! frischgemahlenem oder gemörsertem Koriander und Pfeffer würzen.

Eine unglaubliche Köstlichkeit. Eigentlich reicht Weißbrot dazu. Bei mir hatten die Rübchen diesmal gebratenen Kalbsrücken und Kartoffelpuffer zur Begleitung. Wenn man sie als Beilage serviert, kann man gut auf die Sahne verzichten.

Und nochmal ein Foto meiner geliebten Rübchen. Sie müssen zwei Bartstränge mit unzähligen feinen Würzelchen haben, mit denen sie sich im sandigen märkischen Boden festklammern. Nur, wenn sie so aussehen, sind es wirklich und wahrhaftig Teltower Rübchen.(Wenn sie allerdings so aussehen und auf einem Pariser Wochenmarkt verkauft werden, sind es Abkömmlinge der echten Teltower Rübchen. Sie heißen dann Navets amers und sind tatsächlich deutlich bitter.)

Zwei Rübchenbauern gibt es in Teltow: die großen, Szilleweits, und die kleinen, Familie Schäreke als Nebenerwerbsbauern.

Warum ich überhaupt in Teltow auf Rübchenjagd gegangen bin: Wir waren mit Freunden im Landhotel Hammer zum Rübchenmenü verabredet. Die Kalbsbäckchen waren wieder einmal aufgegessen. Dafür gab es nach der Rübchensuppe Entenconfit mit glasierten Rübchen und zum Dessert eine Art Tatar, in dem sie zusammen mit Zitrusfrüchten und Korianderkörnern steckten; dazu ein „Schokoladentresor“ und Himbeersorbet. Wie kaum anders zu erwarten hat mich der Abend glücklich gemacht.

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