Wackerstein, der

Wird aus der Grauwacke gewonnen, einem neben Phylliten, Quarziten, Porphyroiden, Schiefern und schwach metamorphem Kalkstein gebirgsbildenden Material der Grauwackenzone, wo sie, anders als anderswo, zweimal gefaltet wurde.

Mittelbar abgebildet im Bauch des Wolfs von den sieben Geißlein an der Fassade des Märchenhauses im Finsterwalder Dichterviertel, ehe selbiger in den Brunnen fällt.

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Wurstpumpe, die

zylindrisches Gerät mit prominenter Tülle, über die ein feiner Darm gestreift wird, der sich nach Betätigen der o.g. Wurstpumpe wie von selbst mit Wurstbrät füllt, unterstützt nur von der ordnenden Hand des Wursters. Wer selbst einmal versucht hat, Wurstbrät mithilfe mechanischer Vorrichtungen in Därme zu füllen, weiß, welche Tücken dem Objekt eignen und welcher Koordinationsleistungen es bedarf, um den Vorgang im Fluss zu halten.

(Kennengelernt habe ich die Wurstpumpe am 1. Februar 2014 in der Malzfabrik, der ehemaligen Schultheiss-Mälzerei, anlässlich einer von der Kitchen Guerilla veranstalteten Wurstgalerie. Bedient wurde sie daselbst von Peter Inhoven, einem begnadeten Düsseldorfer Bratwurster, dessen zärtlich über die werdenden Würste gleitende Hände sowohl live als auch auf die weiße Wand gebeamt und im Video zu bewundern waren.)

Abdecker, der

auch Kaltschlächter, Wasenmeister, Schäler und sonst noch was genannt. In amtlichen Schriftstücken hieß er zuweilen „ungenannter Mann“. Im Unterschied zum Scharfrichter, der sich Meister nennen durfte, war er der Halbmeister. Gegen die Bezeichnung Schinder konnte er eine Beleidigungsklage anstrengen, und das Gericht gab ihm Recht.

Der Abdecker holte ab, fing ein, lederte ab, zerlegte, kochte, verfütterte, verbrannte und vergrub. Was? Kadaver. Er legte Luder in Wolfsfallen aus, fing herrenlose Hunde und Katzen ein, um sie vier Tage später zu erschlagen, zog aber auch die herrschaftlichen Jagdhunde auf und sorgte für die Gesundheit der Hundemeuten. Mit gekochtem Fett, aber auch mit rohem Fleisch mästete er Schweine, was ihm mancherorts verboten war.

Er verwertete alles, was das verendete Tier hergab: Klauen, Knochen, Zähne, Hufe, Felle, Borsten, Haut und Haar. Das verfaulte Fleisch ging an Salpetersieder, Fett und Knochen an Lichterzieher, Seifen- und Leimsieder. Aus Fett, Knochen und Sehnen entstanden Talg für Unschlittkerzen, Fette, Leim, Knochenmehl, Salmiak, Seife, Bleichmittel und Viehfutter. Er lieferte das Ausgangsmaterial für Löscheimer, Hundeleder, das war begehrt als Handschuhleder, und Hundefett zum Salben.
„Etwa ab der Mitte des 19. Jahrhunderts wurden dann die Knochen zu Dünger oder zu Beinschwarz, Hufe und Hörner zu Berlinerblau verarbeitet. Blut wurde gekocht, der feste Teil getrocknet, zu Pulver gemahlen und als Dünger in den Handel gebracht. Die Felle wurden gewässert, mit Salz bestreut und zum Trocknen aufgehängt oder ausgebreitet um dann an einen Lohgerber verkauft zu werden.“ Das fand Marita Genesis für ihre Magisterarbeit an der Technischen Universität Potsdam heraus.

Der Zulassung zum Abdecker war das Bestehen einer Prüfung vorausgesetzt, analog zur Bestellung des Scharfrichters, der, da sein Beruf nicht leicht ein auskömmliches Leben ermöglichte, häufig Abdeckereien im Nebenerwerb betrieb. Allerdings durfte sich der Scharfrichter nicht unbedingt selbst die Finger am verendeten Vieh schmutzig machen. Seit 1729 verordnet ein preußisches Gesetz, „nur ausgebildete Scharfrichter, die sich niemals persönlich mit der Abdeckerei abgegeben haben“ dürften sich „unterstehen, mit dem Schwert zu richten“.

Des Halbmeisters Arbeitsplätze waren neben der Abdeckerei und der Straße der Schindanger und, da er häufig Pächter der Abdeckereigerechtigkeit des Scharfrichters und dessen Mitarbeiter war, der Galgenberg. Sein Anwesen verbreitete pestilenzische Gerüche, deshalb wurden Abdeckereien immer wieder vor die Grenzen der Stadt verlegt, in Berlin zum Beispiel 1724 vom Nikolaiviertel vor die nördlichen Tore der Stadt, neben das spätere Voigtland. Bis 1823 war die Berliner Abdeckerei mit ihrer Ludergrube in der Invalidenstraße (die Teil des Spandauer Heerweges war und erst ab 1800 so hieß) in Betrieb, was zu Beschwerden von Reisenden führte, die auf der alten Hamburger Poststraße (der heutigen Chausseestraße) unterwegs waren und denen der einschlägige Gestank unfein in die Nase wehte.

Das Grundstück an der Invalidenstraße wurde für den Bau des Stettiner Bahnhofs in Anspruch genommen, der Abdecker, der bis 1940 hier immer noch seine Wohnung hatte, zog weiter, zunächst in die Chausseestraße und dann mit seinem gesamten Betrieb auf den Wedding, immer weiter hinaus vor die Stadt. In der Müllerstraße 81 fand die Berliner Abdeckerei schließlich ihren letzten Standort, bis die Eröffnung der Kadaververnichtungs- und -verwertungsanstalt in Rüdnitz bei Bernau, die nach mehr als einjähriger Bauzeit im Mai 1908 ihren Betrieb aufnahm, ihr unwiderrufliches Ende bedeutete.

Anfang des 19. Jahrhunderts wurde das privilegierte Abdeckereiwesen zum freien Gewerbe erklärt, gleichzeitig wurden die Abdecker ehrlichgesprochen, als letzte Berufsgruppe, fast hundert Jahre nach den Scharfrichtern. Viele Abdecker, deren tariflich geregelte Einkünfte ebensowenig wie ihr Anwesen mit Steuern belegt waren, betätigten sich nicht erst nach der Aufhebung ihrer Privilegien als Tierärzte.

1716 verfasste der Scharfrichter Johannes Deigendesch sein veterinärmedizinisches Lehrbuch mit dem Titel „Nachrichters nuezliches und aufrichtiges Pferd- oder Roßarzneybuch“, in dem sich alles über die Behandlung von Pferde- und (im Anhang einige) Rinderkrankheiten findet, Krankheiten wie Herzschlechtigkeit, nasser Husten, Räude oder Wurmbeißen. Es erlebte mehrere Auflagen, immer wieder verbessert und zum Beispiel „vermehrt um das Fiebern und den Rotz der Tiere“, wie der Verleger Johann Georg Cotta aus Tübingen 1752 anzukündigen weiß. Die detailliert angewiesenen Zubereitungen von Pulvern und Latwergen lassen an die traditionelle chinesische Medizin denken und gereichten jedem zeitgenössischen Apotheker zur Ehre, deren Läden übrigens ebenfalls außerhalb der Akzisemauer angesiedelt waren.

Die Rezepturen enthalten alles, was die Natur hergibt – und mehr: Dachsenschmalz und Brandtenwein, Galläpfel und Zucker, Holderwasser und Schwalbenöl, Kammfett, Bleiweiß, Mastix, Weyrauch. Geißmilch und Tormentill. Schwarzen Schwefel, langen Pfeffer, Schießpulver und Honig. Lorbeer, Grünspan, Vitriol. Nachtschattenwasser, Drachenblut, gebrannte Hundsköpf und Teufelskot. Seifensiederlauge, Salpeter und Schwefelblumen, Pomeranzenschale und Küchensalz, Essig und Nägelein, Safran, in Scrupeln gemessen, und Bubenurin in halben Schoppen. Kupferwasser findet ebenso seine Verwendung wie „geschabene venedische Seiffen“, Kaminruß und Odermennig. Nur Armsünderfett ist offenbar zu kostbar für das Vieh und bleibt dem Menschen vorbehalten.

Im Allgemeinen befassen sich Scharfrichter mit der Heilkunst am Menschen (in Konkurrenz zu und angefeindet von den Badern und studierten Ärzten), die Abdecker mit Tiermedizin. Sowohl beim Zerlegen von Kadavern als auch beim Foltern (auch diese Arbeit wurde gelegentlich vom Nachrichter an den Abdecker delegiert) eignet man sich eben zwangsläufig anatomische Kenntnisse an.

Die gefährlichste, fast immer tödliche Berufskrankheit der Abdecker war der Milzbrand. Auch Hirten, Gerber, Kürschner, Fellpflücker, die sich nicht auf die Häute geschlachteter Tiere beschränkten, aber auch Fleischer liefen verstärkt Gefahr, sich mit dem Milzbrandbazillus zu infizieren, der selbst nach hundert Jahren noch in kontaminierten Böden virulent ist. Im Jahr 2010 tauchte erstmals anthraxverseuchtes Heroin auf und forderte Todesopfer in Schottland und Deutschland. 2012 gab es einen weiteren Fall in der Gegend von Regensburg. Ebenfalls 2012 wurden Milzbrandfälle bei einer Rinderherde in der Nähe von Stendal ruchbar.

Heute ist die Polizei für die Beseitigung von Tierkadavern zuständig.

Nachschrift: Ein gewisser Reinhard Riepl unterhält eine Datenbank mit über 90 000 Abdeckern, Scharfrichtern und Gerichtsdienern aus Deutschland und einigen Nachbarländern wie Südtirol, Österreich, Böhmen, Mähren, Schweiz, Elsaß, Luxemburg, Belgien, Holland, Lothringen, Schlesien (Polen) und Dänemark, aus der auch die überregionalen Verwandtschaftsverhältnisse hervorgehen.

Arthurs Tochter sitzt selbst zuweilen im Topf. Ich weiß. Dennoch ist der Gedanke einfach zu verführerisch.

„Warum das Kind in der Polenta kocht“, heißt ein Roman von Aglaja Veteranyi, mit dem sie 1999 am Klagenfurter Wettlesen teilnahm. Dieser kleine Mensch kocht nicht in der Polenta, sondern sonnt sich in aller Liebe dieser Welt. Irgendwann wird er nicht mehr nur sich selbst umrühren, sondern tausend leckere Sachen in allen möglichen kleinen und großen Töpfen.

Bis dahin möge er wachsen und gedeihen, sich an Muttermilch und Brotkanten laben und glücklich sein.

Arthurs Tochters Löffels Reise begann da.

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Der Löffel war auf einem stattlichen Anwesen zum Picknick unter Platanen geladen. Was heißt, geladen. Er wurde mitgenommen. Das Château de la Croix Chabrières hatte es ihm angetan: mit seinem flatternden Licht und dem Wind, der die Mittagshitze kühlte und den mehr als ein Jahrhundert alten Bäumen ein Sturmrauschen entlockte, obwohl er gar nicht so heftig wehte.

Das Weingut sitzt zwischen allen Stühlen. Es ist ein Kind der Grenze und hat Anteil an: zwei Regionen, zwei Départements, zwei Gemeinden und zwei Anbaugebieten.

So werden auf La Croix Chabrières Weine verschiedener Appellations gekeltert: zum einen Côtes du Rhône, aber auch Coteaux du Tricastin, wobei es Coteaux du Tricastin nur noch in älteren Flaschen gibt. Wegen der kompromittierenden Reaktoren gleichen Namens ganz in der Nähe mussten die Weinbauern erhebliche Verkaufseinbußen hinnehmen. 2010 haben sie es geschafft, eine Umbenennung durchzusetzen: Ein Coteaux du Tricastin heißt jetzt Grignan-les-Adhémar.

Den Löffel interessierte das weniger. Schon eher die Erntemaschine auf dem Feld (hier wird nicht von Hand gelesen), die an den Weinstöcken rüttelt und der diese wunderschöne Smaragdeidechse zum Opfer fiel, und der lärmende Entrapper.

Er musste aufpassen, nicht in die Schraube zu kommen …

… oder im Trester verschütt zu gehen …

… oder ins Gärfass zu rutschen …

oder der Rache eines Messers zum Opfer zu fallen.

Er erfreute sich am Ton in Ton mit den Korken …

… neuen und alten…

und den platten Kartons, die den Flaschen gehören.

Leider hatte er den Korkenzieher vergessen …

… und so blieb er ganz und gar nüchtern.

Trotzdem ist die Welt voller Gefahren, und sei es, von einem Regenrinnenmonster in die Unterwelt gespuckt zu werden.

Arthurs Tochters Löffels Reise begann hier.

Der Löffel ist unters Messer geraten. – Ja, hört das denn niemals auf, dieses Fallbeilschwingen? Offenbar nein. Nicht in Frankreich, dem Land der Guillotine. Tradition ist schließlich Tradition!

Auch im F.I.E.F., dem Foyer International d’Études Françaises, steht eine Guillotine – zum Baguettehacken. Und unter deren Messer fand sich der Löffel wieder.

Das Foyer, in dem solch martialische Tischsitten herrschen, hat seinen Sitz im ehemaligen Pfarrhof von Châteauneuf-de-Mazenc und ist – gegründet 1956 von Ernest Jouhy/ursprünglich Ernst Jablonski, einem deutschen Exilanten und Widerstandskämpfer – eine internationale Begegnungsstätte. Die Guillotine spielt hier, außer bei Tisch, keine Rolle. Was dagegen an Traditionen hochgehalten wird, sind neben gutem Essen und französischem Savoir vivre vor allem die Traditionen der Résistance. Nicht nur der militärische Widerstand interessiert, sondern endlich auch der zivile. Historiker wie Bernard Delpal im Verein Patrimoine Mémoire et Histoire du Pays de Dieulefit kümmern sich um „die andere Résistance“.

Nicht weit von hier, im unzugänglichen Vercors, einem Zentrum des bewaffneten Widerstands, fanden im Juli 1944, nach der Ausrufung der Freien Republik des Vercors, Massaker an Résistants und Zivilbevölkerung statt. Die deutschen Besatzer ermordeten wahllos Maquisards und Landbevölkerung und zerstörten Höfe und Dörfer auf der Hochebene. Museen und Gedenkstätten erinnern daran, die Ruinen von Valchevrière ebenso wie das pathetische nationale Denkmal der Résistance in Vassieux.

Ganz in der Nähe fand aber auch das „Wunder von Dieulefit“ statt, ein „Wunder des Stillschweigens und der Solidarität“. Es verdankte sich nicht nur der Gemeindesekretärin Jeanne Barnier, einer virtuosen Passfälscherin, und den drei Leiterinnen der reformpädagogischen Internatsschule von Beauvallon, sondern all den Bewohnern von Stadt und Ländchen Dieulefit, die ohne Ausnahme die unzähligen Flüchtlinge schützten. Nicht einer wurde denunziert. Es hat lange gedauert, bis auch die „stillen Helden“ ins Blickfeld der Historiker kamen.

Arthurs Tochters Löffel hat viel gelernt in der Drôme. Seine Reise begann hier, und er findet sich „verrückt“. Und hier kommt das Foto, mit dem er sich bewirbt.

Eigentlich wollte der Löffel noch nach Paris, um sich mit der Entenpresse von Dehillerin anzulegen. Doch die Erfahrung mit der Guillotine hat ihn einigermaßen gefügig gemacht, und er reiste brav über Lyon und Basel zurück nach Berlin. Als er dann in seiner Schublade, immerhin neben einem kleinen Dehillerin-Messer, zur Ruhe kam, hatte er schon alles vergessen: die Entenpresse, das Gläschen Crémant de Die, die Smaragdeidechse, die Entrappungsmaschine, Weinkorken und Flaschenlager, die Kernkraftwerke entlang der Rhone und seine kleine Ohnmacht in der Trüffelschublade.

Ein Löffel geht auf die Reise. Verrückt. Weltbekannt. Prominent.

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Arthurs Tochters Löffel geht zum Zahnarzt. Genauer: zu Andrea-Maria Sistori, die nicht nur eine hervorragende Zahnärztin ist, sondern neben vielem anderen auch mit reichlich Humor gesegnet. Er durfte beim Operationsbesteck liegen, mit Mundwassern flirten, mit diversen Zahnbürsten in Konkurrenz treten und zwischen Kiefern posieren.

Der Löffel beißt sich durch. Denkt er. Offenbar hat er da etwas falsch verstanden. Hoffentlich überlebt er es.

Zwar haben Zähne durchaus mit Essen zu tun, dennoch ist die Kategorie, in der der Löffel hier antritt, die der unerwarteten Begegnungen, also „verrückt“.

Arthurs Tochters Löffels Reise begann hier und endet da noch lange nicht.

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Ein halber Kopf lachte mich an, mit Bäckchen. Was tun? Ja oder nein? Vor allem mit dem Rest: Ohr, Schnute, Zahnfleisch …? Arthurs Tochter hat mich davon überzeugt, dass es gar kein Problem ist, einen halben Schweinekopf zu verarbeiten (war es doch), und schickte mir für den Anfang ein grandioses Rezept fürs Kinn. Genauer, für Schweinedoppelkinn; noch genauer, im spanischen Zuschnitt.

Das gab der Kopf nicht her, das Doppelkinn im spanischen Zuschnitt. Wohl aber seine eine Backe. Es war ja ein halber Kopf, also auch nur ein Bäckchen drin.

Gemacht habe ich es, ohne groß zu überlegen, wie Rinderbäckchen. Das ist vielleicht nicht gerade artgerecht, schmeckte aber zum Niedernknien.

So geht’s (oder auch anders): Butterschmalz in einem kleinen Schmortopf erhitzen, das Bäckchen salzen und rundherum anbraten, dann herausnehmen.

Tomatenmark und Brunoise von Möhre, Lauch und Knollensellerie im Schmalz anrösten, eine ganze Knoblauchzehe, Thymian, Rosmarin und Lorbeer dazu, mit wenig Portwein und mehr Rotwein aufgießen.

Das Schweinebäckchen wieder in den Topf geben, eine Chilimini (oder auch nicht), Pfeffer- und Pimentkörner dazu und schmoren, zunächst mit Deckel drauf, am Ende ohne. Wie lange, weiß ich nicht mehr, auf jeden Fall, bis das Fleisch butterweich ist und die Sauce reduziert.

Wenn das Ende absehbar ist, kann man noch mal einen Satz Grünes (also Lorbeer, Thymian und Rosmarin) in die Sauce legen. Abgeschmeckt habe ich mit einem Spritzer Sojasauce (ich trete da ganz in Frau Arthurs Tochters Fußstapfen). An mehr erinnere ich mich schon wieder nicht.

Auf jeden Fall habe ich die Sauce weder püriert noch durch ein Sieb gestrichen. Nur die Körner und Kräuter habe ich herausgefischt und, fast vergessen, ein paar Stückchen kalte Butter eingeschwenkt. Dazu gab es Kartoffelbrei.

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Le lapin de métro

19. Januar 2011

Besser nicht zum Vorbild nehmen, das Häschen aus dem Pariser Untergrund.
Mehr dazu bei vilmoskörte.

Es geht auch ohne Métro.

Le lapin du Virchow.

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der Heringspaternoster, ein System.

Was der Dohnenstrich auf dem Boden bzw. in luftiger Höhe, ist der Heringspaternoster im Wasser. Weniger spektakulär als der Dorschknaller lockt der Heringspaternoster mit perlmuttfarben changierendem Glanz z.B. den zarten Stint – der Makrelenpaternoster die fette Makrele … und so weiter.

Wie die meisten Angelbedarfsobjekte ist er ein hübsches, doch – auch mittelbar – gefährliches Gerät. (Wer schon einmal versucht hat, einer jammernd am Kai herumstreunenden Katze den Haken aus dem Mundwinkel zu entfernen, wird wissen, dass er umgehend selbst ärztlicher Betreuung bedarf.)

Meist fünf mit Springerarmen an der Hauptleine befestigte Kreishaken schwingen über einem Heringsblei, das vertikale Stabilität schafft. Wahlweise mit echter Fischhaut oder Fischhautimitation versehen und mit Goldhaken, Glitzerfliegen oder Fluoperlen ausgestattet, manchmal Krillkrebschen nachgebildet, manchmal Insekten, manchmal flügel-, manchmal pfeilförmig ausgeführt, hat er immer bunte Anteile und häufig diesen unwiderstehlichen Perlmuttschimmer. Enthusiasten binden sich ihre Paternoster selbst. Nicht jedoch solche Heringsvorfachexperten, die, wie folgender Erfahrungsbericht bezeugt, vollauf mit ihren käuflich erworbenen Paternostern zufrieden sind: „Die Haken sind schön klein und scharf und greifen daher auch in den Mäulern von etwas scheueren Fischen noch sehr gut.“

Statt den unzähligen zum Laichen flußaufstrebenden Fischen bei ihrem kräftezehrenden Unterfangen behilflich zu sein (zu lernen wäre von den Paternostern in einzelnen Berliner Finanzämtern), nutzt hier der Paternosterbesitzer schamlos seine Macht aus. Mit Glück hängt dann an jedem der fünf Haken ein lecker Fischlein.

Private Randnotiz: Nie habe ich gewagt, die ganze Runde Paternoster zu fahren, oben rum und unten rum. Die Zeit wird knapp, ehe sie ganz aussterben.

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