Das Wort für heute: Sammelwörter
7. Juni 2013
Sammelwörter, die
Sammelwörter sind Wörter, die sich zum Sammeln eignen oder die – als Sammelobjekte geeignet oder nicht – Wörtersammlern in die Hände gefallen, also gesammelt worden sind oder aber die – sie mögen sich noch so unauffällig im Sprachraum bewegen – Begehrlichkeiten von Sammlern auf sich ziehen. Das Sammelwort tritt wie die meisten Sammelobjekte mit Vorzug im Plural auf.
Einerseits sind Sammelwörter vergleichbar mit Sammeltassen: Sie werden ausgestellt, vorgeführt, hinter Glas in Vitrinen gehalten und oft selten benutzt. Andererseits sind sie, anders als Sammeltassen, nicht zum Sammeln hergestellt worden.
Sammelwörter können gewöhnlich, selten, eigen, in aller Munde, monosyllab, zusammengesetzt, einfach, kompliziert, schillernd, abgedroschen, unverständlich, viel oder selten gehört, im Aussterben begriffen oder einfach nur schön sein. Manchmal meint man sie zu kennen und stellt erstaunt fest, was sonst noch in ihnen steckt.
Oft kann das Sammelwort, einmal in eine Sammlung integriert, also musealisiert und aus seinem angestammten Gebrauch genommen, seine ursprüngliche Funktion nicht unbeschädigt beibehalten. Es kann vorkommen, dass ein Sprecher, der sich aus einer Sammelwörtersammlung bedient, stockt, will er eines von ihnen in den Mund nehmen, sich räuspert und es nicht mehr einfach so fallen lassen kann, wie es vor dieser fatalen Begegnung möglich gewesen wäre.
Die schönste Form von Wörtersammlungen findet sich neben der Sammelwörtersammlung nicht etwa in Thesauren, Lexika oder schnöden Wörterbüchern, sondern in liebevoll ausgestatteten Wortwunderkammern. Auch einzelne literarische Werke erfüllen den Anspruch exquisiter Wort- und Wörtersammlungen.
PS: Dieser Eintrag ist vorrangig all jenen gewidmet, die mit der Frage „Was sind Sammelwörter?“ auf mein Blog geraten sind und sich mangels Erklärung enttäuscht abgewandt haben.
8. Juni 2013 at 20:30
.)
(Ich finde ja, als Vitrinenwörter sind die meisten viel zu schade.)
9. Juni 2013 at 09:48
(Manche fühlen sich eindeutig in der Hebezone wohler.)
9. Juni 2013 at 15:51
Hach, und ich kann mir gut vorstellen, dass deine Sammelwörter in der Vitrine niemals staubig werden. ;-)
9. Juni 2013 at 17:37
Das hoffe ich doch. Nicht dass es heißt: Who wants yesterday’s darlings? …
9. Juni 2013 at 18:15
Ich stelle mir gerade vor, wie Frau Afra vor ihrer Sammelwortvitrine steht und sich ein Wort aussucht, vorsichtig ein Stäubchen wegpustet, es behutsam auf die Handfläche hebt, es liebevoll anschaut und zu ihm sagt: „Du kommst jetzt mal mit… ich brauche Dich heute…“
9. Juni 2013 at 18:26
Wie süß! Leider ist sie ein bisschen treulos, die Frau Evenaar. Einmal herausgeputzt und vorgeführt – und schon alleingelassen, die Wortschätzchen.
9. Juni 2013 at 18:38
Ach, die nehmen ihr das aber nicht krumm, sie glänzen dennoch, wenn du sie wieder herauslässt…
10. Juni 2013 at 19:14
Liebe Afra, vielen Dank für die Sammelwörter die Du uns hier vorstellst. Und statt Blumen oder einem Glas Marmelade als Dank schenke ich Dir ein Wort: Streichriemen. Ich habe dieses Werkzeug gerade in einem Buch wieder entdeckt und mich daran erinnert. Der Friseur, der Vater und mir bei uns zu Hause alle vier Wochen die Haare schnitt, brachte den Riemen immer mit. Der Ring am oberen Ende wurde über die Türklinke gehängt, dann wurde das Rasiermesser gefühlvoll über das Leder gezogen.
10. Juni 2013 at 22:34
Ich freue mich sehr über das Geschenk, bedanke mich artig und werde den Streichriemen in die Vitrine stellen. Du weißt, es gibt eine Rubrik „Geschenktem Wort wird hier ein Ort“. Es kann nur eine Weile dauern.
(Und ich freue mich immer wieder über ein früheres Geschenk!)
11. Juni 2013 at 08:53
Was für eine neue originelle Ermunterung: darf ich Dir meine Wörtersammlung zeigen?
11. Juni 2013 at 10:30
Gute Taktik! Das kann auf größtmögliche Intimität hoffen lassen – in der digitalen Welt.