Spaghetti all’amatriciana
15. Januar 2011
Wenn ich sie habe, nehme ich die Spaghetti von Martelli aus dem toskanischen Lari. Sie sind dicker als andere, durch Bronzeröhren getrieben und deshalb mit rauher Oberfläche, an der sich die Sauce gut festhalten kann, und sie verbreiten schon beim Kochen einen unwiderstehlichen Geruch, was man beileibe nicht von jeder Pasta sagen kann. Bucatini sind die zweite Wahl, wenn allerdings um jeden Preis vermieden werden soll, helle Kleidung rot zu sprenkeln, gibt es Penne rigate dazu. Und, wenn ich ihn habe, nehme ich Schweinebackenspeck, Guanciale; aus gutem Grund will ihn das Originalrezept, und das schon, bevor die Tomate nach Europa kam.
Der Sugo unterscheidet sich von anderen Sughi dadurch, dass er nur ganz kurz gekocht wird. Fünf bis zehn Minuten reichen, nachdem die Tomaten in der Pfanne sind, grob geschnitten, eigentlich frische. Jetzt, im Winter, nehme ich Pelati aus dem Glas, ein bisschen zerrupft. (Danke, azestoru, für das Carepaket mit den kostbaren Urtomaten aus der Maremma; nicht das von heute, das von neulich mal.:))
Man braucht:
Spaghetti, bevorzugt dickere; viel Wasser, viel Salz
Guanciale (das ist fette, luftgetrocknete Schweinebacke), Zwiebel, Olivenöl,
Tomaten, Salz, Peperoncino
Pecorino, nicht zu alten
Von vorne:
Wasser zum Kochen bringen, viel grobes Salz dazu, dass es aufschäumt, dann die Pasta knapp gar kochen.
Inzwischen Guanciale in Streifen schneiden (der Kerl bevorzugt die Streifen hauchfein, ich mag sie etwas dicker) und in etwas Olivenöl anbraten. In Streifen geschnittene Zwiebel dazu und beides glasig werden lassen.
Nun die Tomaten dazugeben und ein bis zwei mit grobem Salz gemörserte Peperoncini. Das Ganze bei großer Hitze fünf bis zehn Minuten offen kochen; dabei die Tomaten nicht verkochen, sie sollen noch Stücke zeigen. Die Pasta abtropfen und, mit Pecorino bestreut, untermischen.
Auf den Tisch kommt neben Salz und Pfeffer neuerdings als Crossover-Element auch Gochugaru. Es könnte ja sein, dass die Peperoncinoschärfe nicht ausreicht. (Die holde Dreieinigkeit wurde unbenutzt wieder abgeräumt.)
Ein paar Tricks sind da noch, die aber für Tomatensaucen generell gelten: Wenn die Tomaten zu sauer sind, Koriandersamen dazumahlen; unter Umständen hilft auch Muskat. Wenn sie zu wenig Aroma haben, bringt ein bisschen Tomatenmark, angebrutzelt, bis es zu karamellisieren beginnt, einen volleren Geschmack. Und der Kerl, dessen Lieblingsschnellgericht das hier eigentlich ist (egal wie oft ich sie schon gemacht habe, die Pasta all’amatriciana, fast immer gelingt sie ihm besser als mir), der Kerl also lässt manchmal sogar ein Löffelchen Paprikamark im Öl schmelzen.
Weil ich aber die Gegend so überaus gerne mag, noch ein bisschen Heimatkunde: Amatrice liegt im östlichsten Zipfel Latiums, von der Toskana nicht weiter entfernt als von Rom. Im Nordwesten bildet Latium ein Dreiländereck mit Umbrien und den Marken, im Nordosten mit den Abruzzen (zu denen Amatrice einst gehörte) und den Marken. Nachbarn sind im Süden der Lago di Campotosto, ein Stausee auf 1500 Metern Höhe an den Hängen der Monti della Laga, und im Norden die Sibillinischen Berge mit ihren Trüffeln und dem erdbebengebeutelten Norcia und Castelluccio, wo die besten Linsen der Welt wachsen.
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15. Januar 2011 at 20:27
Das Korea-Chilizeug hast Du aber auch von azestoru, oder? Und ist die Schweinebacke Bestandteil eines Dogmas? Ich schreib mal lieber nicht, was ich da immer verwende…
15. Januar 2011 at 23:13
Du tust da sicher den gleichen Speck rein wie bei den sauren Bohnen …
16. Januar 2011 at 09:03
Touché. Aber nicht nur …
16. Januar 2011 at 16:59
Und? Nun spuck’s schon aus.
16. Januar 2011 at 18:08
Ich gebe ja auch den deutschen Räucherspeck rein, wenn keine Pancetta im Haus ist …
15. Januar 2011 at 21:49
Das Korea-Chilizeug habe ich aus dem Asia-Supermarkt, aber Du hast recht, kennengelernt habe ich es bei azestoru. Er sei gepriesen dafür.
Schweinebacke ist Dogma. Wenn ich sie nicht auftreiben kann, nehme ich luftgetrocknete Pancetta, und wenn selbst die nicht zur Hand ist, auch schon mal Speck. Nur hat Räuchergeschmack absolut nichts mit dem Original zu tun.
16. Januar 2011 at 17:30
Gut, dass ich gleich eine ordentliche Hühnersuppe bekomme. Sonst wäre ich jetzt äußerst sehnsüchtig nach solcher Pasta.
16. Januar 2011 at 17:50
Hühnersuppe, himmlisch!
16. Januar 2011 at 19:31
Kleiner Exkurs zum Dogma Kochen
Quelle: Tagesspiegel 16.01.2011 „Sonntags“
Hmmmmm…
Mittwochnachmittag im Bus nach Rathaus Spandau. Zwei Frauen unterhalten sich über Ihren Einkauf. „Bei mir gibt´s keene Fertigsoßen, die mach´ ick immer frisch, schmeckt besser!“ – „Und wie machste Tomatensoße für Spagetti?“ – „Zwiebeln schön anbraten, dann schön Ketchup druff, bis allet schön blubbert, dann schön binden mit Kondensmilch.“
17. Januar 2011 at 00:44
Danke, Kormoran, auf Dich ist Verlass. Du hättest diese kostbaren Tipps ja auch der Papiertonne überantworten können, und wir hätten das Nachsehen.
16. Januar 2011 at 20:14
Ach, nichts Dramatisches. Verwende nur meist statt des Olivenöls Schweineschmalz, und Speck möglichst ungeräuchert. An wilden, fleischlustigen Tagen kommt gegen Ende auch noch in feine Streifen geschnittener gekochter Schinken hinein.
17. Januar 2011 at 00:05
Da bist Du aber ziemlich gut dabei. Schmalz ist viel näher am Dogma als Olivenöl.
Und wenn man bedenkt, dass auch Spaghetti alla carbonara bei uns im allgemeinen mit gekochtem Schinken gemacht werden … ;)
17. Januar 2011 at 19:00
Ich freue mich enorm, daß das Gochugaru (=Korea-Chilizeug) so gut ankommt! :-)
Das Rezept werde ich mal ausprobieren, es hört sich sehr lecker an.
17. Januar 2011 at 20:07
Ich muss doch noch zu Dir verlinken beim Gochugaru. Erst war ich zu faul, dann wollte ich utechts Kommentar nicht konterkarieren.
17. Januar 2011 at 19:07
Und sind das etwa noch Acquaviva-Zwiebeln delle Fonti? Neid!
17. Januar 2011 at 20:09
Du schaust aber genau hin! Erst wollte ich normale blonde nehmen, dann hab ich doch die vorletzte Acquaviva-Zwiebel geschlachtet. Sie haben aber inzwischen schon deutliche Keime im Bauch.