Fornello pronto
8. Januar 2011
Ein Beitrag zum Fornello Da Zio Pietro in Cisternino, einer der weißen Städte im Valle d’Itria, geschrieben schon im Februar 2007 für das Bewertungsportal Qype, soll nun auch hier seinen Patz finden. So geht er:
In Cisternino geht man zum Schlachter essen. Abends zumindest. Und nur, wenn Fornello Pronto draufsteht auf der Macelleria. Und das geht so: Man tritt an den Verkaufstresen der Fleischerei und wählt aus – aus großen und kleinen Stücken rohen Fleischs, aus Gehacktem und Gewickeltem. Die Ausbeute kommt auf die Waage und wenn sie weniger als ein Kilo ausmacht für zwei Personen, schaut der Fleischer erst irritiert fragend – das soll reichen? – dann nur noch bedauernd.
Im allgemeinen wird man nun ein paar Häuser weiter geschickt, in der Fleischerei selber gibt es meist nur ein oder zwei Tischchen, und landet in einem schmucklosen Kellerraum oder einer Art Garage. Der Kellner stellt Brot und schwarze Oliven auf den Holztisch – oder war es Resopal? – und fragt, ob man Salat will. Ja, sollte man dann sagen, denn der grüne, mit Zitrone und Öl angemachte Lattich ist absolut notwendig als Gegengewicht zu so viel totem Tier.
Das Grillgut kommt auf großen Platten und ist unglaublich gut: zarteste Leberchen, ungewöhnlich gewürzte Minirouladen namens Bombette, paniert oder nicht, von einer ganz unerwarteten Leichtigkeit, Lamminnereien in Netz und Därme gewickelt, Salsiccia fein durchgedreht oder grob gehackt a punta di coltello, ein Lammkotelettchen, ein Kalbsschnitzelchen … gut, dass noch Salat da ist!
Zio Pietro ist nur ein Beispiel für diese ganz spezielle lokale Tradition. Tagsüber Fleischerei, abends wird der Holzkohlengrill angeheizt. Es gibt unzählige solcher Fornelli in Cisternino und Umgebung. Sie scheinen alle gut zu sein. Zumindest waren es die, in denen wir der Fleischlust huldigten. Heimlich übrigens, denn unsere Freunde sind fast ausnahmslos Vegetarier.
Irgendwie kam es dann doch raus. Vermutlich, weil einer von uns beiden den Mund nicht halten konnte vor lauter Begeisterung. Die Blicke, mit denen wir bedacht wurden? Erst irritiert fragend, dann empört, dann nur noch bedauernd.
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9. Januar 2011 at 08:41
Welch seltsam anmutende, mir bisher völlig unbekannte Tradition.
9. Januar 2011 at 13:27
Du wirst jetzt auch Vegetarierin und schreibst den Beitrag nur noch als Erinnerung?
9. Januar 2011 at 17:11
@Arthurs Tochter Ich bin mindestens 15 Jahre lang in die Heimat der Fornelli gereist, ehe ich dieser wunderbaren, süchtigmachenden Tradition auf die Spur gekommen bin; mithilfe des Slowfoodführers Osterie d’Italia übrigens. Unsere Freunde haben uns ja beharrlich von solchem Sündenbabel ferngehalten. (Dafür wurden wir zu Hause fürstlich bekocht.)
@kormoranflug Da muss wohl noch sehr viel Zeit ins Land gehen, ehe ich auch nur daran denke aufzuhören, Tiere zu essen. Hoch lebe das Wollschwein!
9. Januar 2011 at 20:17
Mir lief schon damals, bei q*pe beim Lesen das Wasser im Munde zusammen. Das ist auch heute wieder so gewesen…
Gut, dass du keine Vegetarierin bist, was hätten wir hier an Lesevergnügen versäumt…
9. Januar 2011 at 23:56
Danke, Richensa, was bist Du gut zu mir!
4. Juni 2015 at 18:26
Diese Art Gegrilltes direkt vom Fleischer zu essen, ist in ganz Apulien verbreitet. Man nennt die Lokale auch „Braceria“. Sie sind fast immer einfachst eingerichtet, servieren nur einfache und rustikale Antipasti oder Beilagen, aber dafür man kann sicher sein, dass das Fleisch absolut frisch und immer auf den Punkt zubereitet ist.
Sollte man ausprobieren, wenn man hier ist.
5. Juni 2015 at 12:09
Wir sind bald wieder auf dem Weg dahin.