Das Wort für heute: Mahlstrom
21. August 2009
Der Mahlstrom, in Zamonien: Malmstrom.
Gefahr, Gefahr, das Loch im Meer.
Da möchte ich nicht hineingeraten, wirklich nicht, um nichts in der Welt. Lieber würd ich allen ohne Bedenken alle Kacheln aus meinem Ofen schenken.
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Dieser schiffeverschlingende Mahlstrom vor den Lofoten stammt aus einer Seekarte von Olaus Magnus mit dem ausführlichen Titel: „Carta marina et descriptio septemtrionalium terrarum ac mirabilium in eis contentarum, diligentissime elaborata Anno D(omi)ni 1539 Veneciis liberalitate R(everendissi)mi D(omini) Ieronimi Quirini: Patriarche Venetiai“.
Die Carta marina steckt voller Wunder; wer alle Wunder der nördlichen Länder sehen will, klicke sich über die kleine Karte auf die große bei Wikimedia. +
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Posted by Afra Evenaar
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Schlagwörter: gefahr, kurz und klein, maelstrom, mahlstrom, malmstrom, malstrøm, zamonien
14 Comments » Filed in Nautik, Schiffe und Meer, Orte, Sammelleidenschaften, Sammelwörter, Sonntagsausflüge
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21. August 2009 at 01:12
Das Ringelnatz ist ein Seepferdchen, soviel ist klar.
Kann man auch einen Apfel-Mahlstrom bestellen??
21. August 2009 at 09:22
Das mit dem Seepferdchen könnte stimmen, da schaut ja auch eine Seekuh (Vacca marina) heraus aus der kleinen Karte, wenn man sie groß macht.
Aber zu deiner Frage, lieber Eichi: Sowas bestellt man doch nicht, vor sowas läuft man davon.
23. August 2009 at 23:24
„Es wurde lauter unter uns, und aus all dem Rufen schälte sich ein fürchterliches Wort heraus: MALSTROM. Wir waren also an der gefährlichsten Stelle des Meeres, vor der norwegischen Küste, wo ein gigantischer Wasserwirbel alles in die Tiefe riß, was in seine Kreisbewegung geriet … ein 15 km saugendes Feld entstanden aus den Strömungen die zusammenfließen, Schiffe verschlingend und Wale und Eisbären …“ 20 000 Meilen unter den Meeren, J. Verne
„Dieser Nebel oder dieser Schaum wurde ohne Zweifel durch das Aufeinanderprallen der mächtigen Wasserwände auf den Boden des Trichters verursacht, aber den gräßlichen, gellenden Schrei, der aus dem Nebel zum Himmel emporstieg, wage ich nicht zu beschreiben.“ Im Strudel des Maelstroms, E. A. Poe
24. August 2009 at 12:15
Ein anderes schreckliches Meer aus Melvilles Moby Dick (ein Mahlstrom von einem Roman!):
»Out from the centre of the sea, poor Pip turned his crisp, curling, black head to the sun, another lonely castaway, though the loftiest and the brightest.
Now, in calm weather, to swim in the open ocean is as easy to the practised swimmer as to ride in a spring-carriage ashore. But the awful lonesomeness is intolerable. The intense concentration of self in the middle of such a heartless immensity, my God! who can tell it? Pip’s ringed horizon began to expand around him miserably. By the merest chance the ship itself at last rescued him; but from that hour the little negro went about the deck an idiot; such, at least, they said he was.
The sea had jeeringly kept his finite body up, but drowned the infinite of his soul. Not drowned entirely, though. Rather carried down alive to wondrous depths, where strange shapes of the unwarped primal world glided to and fro before his passive eyes; and the miser-merman, Wisdom, revealed his hoarded heaps; and among the joyous, heartless, ever-juvenile eternities, Pip saw the multitudinous, God-omnipresent, coral insects, that out of the firmament of waters heaved the colossal orbs. He saw God’s foot upon the treadle of the loom, and spoke it; and therefore his shipmates called him mad.«
24. August 2009 at 14:12
Was seid ihr fleißig! Heißen Dank für die Literaturschnipsel.
Das bringt mich darauf, bei Arthur Gordon Pym zu suchen; segelte der nicht gleich zu Anfang mit seinem Freund in einen Mahlstrom?
24. August 2009 at 18:54
Nicht nur die nördlichen Meere sind voller Schrecken. Muss ich meinen Schnipsel doch auch noch preisgeben, auch wenn man sich mit Heiner Müller nicht unbedingt Freunde macht:
MAeLSTROMSÜDPOL
Die Insel des großen Blutbades ihre Bewohner ihre Sitten hat es noch Zweck sie mitzuteilen TEKELILI TEKELILI (that corpse you planted last year in your garden has it begun to sprout will it bloom this year) die südliche Nebelwand heute höher verliert die graue Färbung das Wasser unheimlich war auch sieht es bedeutend milchiger aus heftige Oberflächenbewegung in der Nähe des Bootes begleitet wie gewöhnlich von einem wilden Flackern am oberen Nebelrand ein weißer Staub fällt auf das Boot auf das Wasser aschenartig keine Asche der Nebel wird ruhig das Wasser glatt wir fragen NUNU warum das Blutbad er zeigt seine Zähne sie sind schwarz TSALAL ein weißes Tier schwimmt vorbei das Wasser so heiß daß die Hand brennt der aschenartige Staub fällt ohne Pause die Nebelwand nimmt andere Formen an ein Katarakt der schweigend von einem riesigen Wehr am fernen Himmel stürzt ein weißer Vorhang der den Horizont kein Laut plötzlich Dunkelheit gleichzeitig aus der milchigen Tiefe ein Leuchten der Aschenregen keine Asche der uns begraben will OH KEEP THE DOG FAR HENCE THAT’S FRIEND TO MEN OR WITH HIS NAILS HE’LL DIG IT UP AGAIN wir treiben mit zunehmender Geschwindigkeit auf die Nebelwand zu manchmal reißt die Nebelwand und wir blicken in einen Wirbel aus flackernden Bildern wie Fetzen von Fotografien im Feuer ihre Gegenstände nicht mehr auszumachen lautlose Stürme wehen aus dem Riß über das glühende Wasser zwingen seinen Fluß in ihre Richtung große weiße Vögel gegen den Sturm TEKELILI TEKELILI ihren Schrei haben wir auf der Insel gehört sie selber nicht gesehen waren sie kleiner vor dem Blutbad der Wilde zuckt im Takt ihres Flügelschlags auf den Boden des Bootes als wir ihn berühren ist er tot seine Haut eisig die Zähne weiß wir schneiden in seine Haut kein Blut mehr nach dem zweiten Schnitt geht sein Leichnam ohne sichtbaren Übergang in dem Nebel auf der jetzt nach unserem Boot greift THAT CORPS wir gleiten in dem Katarakt ein breiter Durchgang tut sich auf wie zum Empfang hinter und schließt sich der schäumende Nebel übermenschengroß eine Gestalt auf unserer Bahn THAT CORPS YOU PLANTED ihre Haut ist weiß wie Schnee etwas greift in mein Gehirn OH KEEP THE DOG.
(Müllers Text zur Musik von Heiner Goebbels)
27. August 2009 at 00:14
Mir gefällt der Heiner-Müller-Text sehr gut. Er nimmt übrigens Bezug auf Poes „Die denkwürdigen Erlebnisse des Arthur Gordon Pym“. Pym geriet mit seinem Freund am Anfang in einen ganz normalen Sturm, der ihnen nur gefährlich wurde weil Pym selbst im Segeln vollkommen unerfahren und der Freund vollkommen alkoholisiert war. Aber am Ende gerät Pym in eine Art Mahlstrom. Er befindet sich auf der südlichen Erdhalbkugel und segelt immer weiter südwärts. Er hat einen gefangenen „Eingeborenen“ an Bord. „Nu-Nu saß dicht neben mir, und als das Tuch zufällig um sein Gesicht flatterte, verfiel er in heftige Krämpfe, auf die eine Schläfrigkeit und Benommenheit folgte, in der er sein ewiges »Tekeli-li! Tekeli-li« murmelte.“
Die Temperatur des Wassers steigert sich immer mehr, graue Nebelwände dehnen sich aus. Eine Art weißer Ascheregen begräbt das Boot beinahe unter sich. „Hin und wieder bemerkten wir, wie sich für Sekunden weite, gähnende Spalten öffneten, und aus diesen Spalten, in denen ein Chaos unbestimmter Bilder flackerte, kamen gewaltige, doch schweigende Luftströme, die den glühenden Ozean mit sich fortrissen (…) Die Finsternis hatte sich verdichtet und wurde nur durch den Widerschein der weißen Wand auf dem Wasser ein wenig behoben. Riesenhafte, geisterweiße Vögel kamen beständig aus dem weißen Düster hervor und schossen mit dem ewigen Schrei »Tekeli-li! Tekeli-li« bei unserem Anblick wieder hinweg. Einmal bewegte sich Nu-Nu ein wenig auf dem Boden des Bootes, zuckte, und als wir ihn anrührten, fanden wir dass er tot war. Und dann schossen wir in einen Spalt des Kataraktes…schon öffnete sich ein Abgrund, um uns zu empfangen –
– doch da erhob sich auf unserer Bahn die lakenumhüllte Gestalt eines Mannes, der größer war, als je ein Bewohner der Erde –
– und die Hautfarbe des Mannes hatte die makellose Weiße des Schnees…“
27. August 2009 at 07:51
Und Heiner Müller kümmert sich um den Hund, den Poe unterwegs vergisst.
In Arno Schmidts Übersetzung hat der geliebte Pym übrigens den schönen Titel „Umständlicher Bericht des Arthur Gordon Pym zu Nantucket“.
27. August 2009 at 18:46
Wieder was für die Lektüreliste (werde ich so lange leben –?) — danke, ihr zwei.
28. August 2009 at 23:01
Steht denn das Universum Zamonien schon auf deiner überquellenden Leseliste? Sonst muss ich dich mit einem Textschnipsel auch noch dahin locken.
29. August 2009 at 16:21
Das hat mich zum Glück schon. Nicht auszudenken. So dicke Bücher, und die noch vor mir …
23. Februar 2010 at 12:48
So, nach einem halben Jahr kann man zum Ringelnatz zurückkommen:
Die Nacht war kalt und sternenklar,
da trieb im Meer bei Norderney
ein Suahelischnurrbarthaar –
die nächste Schiffsuhr wies auf drei.
23. Februar 2010 at 14:18
Mir scheint da mancherlei nicht klar!
13. Juni 2010 at 20:58
[…] den Plan, dem er auf ewige Zeiten ausgeliefert bleibt, oder er steckt, Fischauge hin oder her, im Mahlstrom […]